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Di, 2. April 2019, 13:59

Gesellschaft::Politik/Recht

Neue Chancen auf ein Ende der Patentbedrohung für Open Source

Schon im Februar hatte Van Lindberg auf der FOSDEM-Konferenz die neue Erkenntnis vorgestellt, dass nach geltendem US-Recht die meisten Softwarepatente gegenüber freier Software nicht durchsetzbar sind. James Bottomley untersucht dies in seinem Blog für verschiedene Fälle.

James Bottomley

Hans-Joachim Baader

James Bottomley

Softwarepatente, in den USA und einigen anderen Ländern legal, in anderen wie in Deutschland eigentlich nicht legal, aber trotzdem vergeben, sind seit vielen Jahren eine Bedrohung für freie Software. Hintergrundinformationen sind in einem Artikel von 2003 zu finden. Die damals geplante Reform der europäischen Patentdirektive wurde 2005 abgelehnt, womit eine Ausweitung der Gefahr verhindert wurde. Dennoch mussten viele Linux-Distributionen, um Patentprobleme zu umgehen, auf bestimmte Software, darunter MP3-Kodierer und diverse Video-Codecs, verzichten, und im Linux-Kernel mussten bestimmte Dinge, beispielsweise beim FAT-Dateisystem anders gelöst werden, als in den Patenten von Microsoft beschrieben. Dennoch nutzte danach beispielsweise Microsoft diverse Patente, um die Produzenten von Android-Geräten regelrecht zu erpressen. Über lange Zeit verdiente Microsoft an jedem Verkauf eines Android-Gerätes mindestens fünf Euro, obwohl die Gültigkeit der Patente fraglich war und ist.

In den letzten Jahren änderte sich die Situation jedoch massiv. Abgesehen davon, dass einige Patente inzwischen abgelaufen sind, sind auch viele Unternehmen, die Patente halten, zu Beitragenden von Open-Source-Projekten geworden. So kommt nun eine Richtlinie in der US-Rechtsprechung ins Spiel, die lange Zeit übersehen wurde oder nicht anwendbar war. Diese Doktrin, die sogenannte Ausschöpfung (Exhaustion) eines Patents, besagt, dass jemand, der ein Produkt von einem Patent-Lizenznehmer erwirbt, dem Patenthalter nicht lizenzpflichtig ist, die Patentlizenz muss also einfach ausgedrückt nur ein einziges Mal bezahlt werden.

Auf diesen Sachverhalt machte der Jurist Van Lindberg (Van ist der Vorname) erstmals im Februar auf der FOSDEM in Brüssel aufmerksam. Wenn ein Patenthalter A eine Patentlizenz an den Hersteller B vergibt und B sein Produkt an den Konsumenten C verkauft, dann besitzt auch C eine gültige Lizenz und A kann keine Lizenzgebühren mehr von C verlangen. Bezüglich Open Source kommt Lindberg zu der Erkenntnis, dass bereits das Mitwirken von A ein einem Open-Source-Projekt eine Lizenzvergabe impliziert. B kann den freien Quellcode in seinen Produkten nutzen, ohne eine Lizenzgebühr an A zu zahlen, und auch C ist nicht lizenzpflichtig. Das Patent bleibt zwar gültig, ist aber nicht mehr durchsetzbar.

Linux-Kernel-Entwickler James Bottomley erläutert dies in seinem Blog-Beitrag noch einmal in großer Ausführlichkeit, geht auf gerichtliche (teilweise höchstrichterliche) Entscheidungen der letzten Jahre ein und listet die verschiedenen Fälle auf, wie es zur Ausschöpfung eines Patents kommen kann. Neben dem Beitragen zu einem freien Projekt dürfte bereits die bloße Weitergabe des Quellcodes, wie die Lizenz freier Software erfordert, genügen.

Die Ausschöpfung eines Patents schützt sogar teilweise gegen die sogenannten Patenttrolle. Dabei handelt es sich um Unternehmen, die lediglich Patente ankaufen, um sie zu verwerten, und keine Produkte herstellen und keine Beiträge zu freier Software leisten. Doch die Patenttrolle mussten die Patente kaufen, und wenn der Verkäufer bereits Beiträge zu Open Source geleistet hat, wird damit die Ausschöpfung in Kraft gesetzt. Nur wenn der Verkäufer noch nichts zu Open Source beigetragen hat, ist die Doktrin nicht anwendbar. Die betreffenden Patente dürften jedoch größtenteils mehr als zehn Jahre alt sein und bald ablaufen. In weniger als zehn Jahren sollte deshalb die Bedrohung durch Patenttrolle größtenteils Geschichte sein. Zum Abschluss ruft Bottomley diejenigen, die wegen Patentverletzung verklagt werden, dazu auf, die Klage vor Gericht auszufechten und die Ausschöpfung zur Basis ihrer Verteidigung zu machen.

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Kommentare (Insgesamt: 16 || Alle anzeigen )
Re[8]: Kein Grund zum Jubel (blablabla233, Sa, 6. April 2019)
Re[7]: Kein Grund zum Jubel (blablabla233, Sa, 6. April 2019)
Re[6]: Kein Grund zum Jubel (Anonymous, Fr, 5. April 2019)
Re[5]: Kein Grund zum Jubel (blablabla233, Do, 4. April 2019)
Re[4]: Kein Grund zum Jubel (Anonymous, Do, 4. April 2019)
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