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Do, 10. Oktober 2019, 10:31

Hardware::Systeme

Linux-basierte »Atari VCS« in der Klemme

Medienberichten zufolge kämpft das Linux-basierte »Atari VCS« ums Überleben. Unter anderem haben etliche Mitglieder – darunter auch der hauptverantwortliche Entwickler – das Team verlassen. Als Grund werden Zahlungsrückstände und eine fehlende Strategie genannt.

Atari VCS

Atari

Atari VCS

Das Atari Video Computer System (Atari VCS) war eine Spielkonsole, die erstmals 1977 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde und seinerzeit die Spielewelt revolutionierte. Unter anderem trennte das System Hard- und Software. Im Gegensatz zu den rein festverdrahteten Geräten setzte die Konsole auf ein Speichermodul, das in den Schacht auf dem Gerät gesteckt wurde und Atari VCS zu einer universellen Spieleplattform machte. Die leichte Bedienbarkeit, ein üppiges Angebot an Spielen und der relativ kleine Preis verhalfen deshalb, Atari VCS zu einem Massenerfolg zu machen. Mit etwa 30 Millionen weltweit verkauften Exemplaren war das System die erfolgreichste Spielkonsole ihrer Zeit und genießt auch heute noch einen Kultstatus.

Ganze 40 Jahre nach dem Erscheinen des Originals will es Atari offenbar noch einmal wissen und kündigte mitte des vergangenen Jahres einen direkten Nachfolger unter dem Namen »Atari VCS« an. Das im alten VCS-Design mit seiner klassischen Holzoptik konzipierte System erinnert nicht von ungefähr an seinen Vorgänger. Auch der über Bluetooth bzw. USB angeschlossene Joystick und die Verfügbarkeit mehr als hundert klassischer Atari-Spiele sollten die Herzen der Nostalgiker schneller schlagen lassen.

Ob Atari nun mit der Reinkarnation der Konsole die Spielewelt revolutionieren wird, durfte allerdings bereits bei der Ankündigung angezweifelt werden – zu groß ist die Dominanz der Platzhirsche. Vorsorglich hat der Hersteller deshalb verkündet, nicht in direkte Konkurrenz zu Microsoft, Nintendo und Sony treten zu wollen, sondern vielmehr kleine Entwicklerstudios oder unabhängige Entwickler anzusprechen. Doch aus diesem Plan wurde offenbar nichts.

Wie »The Register« berichtet, steht es nicht gut um die Retrokonsole und eine Veröffentlichung des Geräts im kommenden Jahr wird immer unwahrscheinlicher. So hat Rob Wyatt, der hauptverantwortliche Entwickler der Retrokonsole, die Zusammenarbeit mit Atari Ende der vergangenen Woche beendet. Als Grund gab der Projektleiter an, seit sechs Monaten nicht mehr für seine Arbeit bezahlt worden zu sein. Warum Wyatt und seine Firma »Tin Giant« nicht entlohnt wurden, konnte er sich nicht erklären, denn Atari nahm bereits während der Crowfunding-Phase etliche Millionen ein. »Als kleines Unternehmen hatten wir Glück, so lange überlebt zu haben«, zitiert »The Register« den Entwickler.

Grund für die ausstehenden Zahlungen könnte die unsichere Zukunft des Projektes sein. So soll laut Aussage der Publikation der Hersteller erst nach dem Abschluss der erfolgreichen Kampagne mit der Entwicklung der Hardware begonnen haben. Wyatt und sein Team, die für die Entwicklung der Soft- und Hardware verantwortlich zeichneten, wurden demnach erst zwei Tage vor dem Abschluss der Kampagne engagiert – ohne dass Atari den Startpunkt verschoben hätte. Doch auch der geplante Start im kommenden Jahr ist ungewiss. Laut »The Register« soll der erste Prototyp des Motherboards erst im September 2019 fertiggestellt worden sein und das Entwicklerteam sich gerade in der Inbetriebnahme befunden haben, als es das Projekt verließ.

Weit schwerwiegender als der verspätete Start ist allerdings die Tatsache, dass »Atari VCS« keinesfalls das liefern kann, was das Unternehmen angekündigt hat. Laut »The Register« ist es dem Unternehmen nicht gelungen, das angedachte Ökosystem rund um die Konsole aufzubauen. Als einen der Gründe nennt die Publikation die technische Umsetzung, die weitgehend auf einer unmodifizierten Linux-Distribution aufsetzt. Das System sei weder an die Bedürfnisse der Spieler noch an die der Entwickler angepasst. Es fehle an den grundlegendsten Funktionen, die »Atari VCS« attraktiv für Entwickler machen würde – darunter Sicherheitsstandards, die von einer Konsole erwartet werden. Anpassungen der gängigsten Grafik- und Spieleengines an die Hardware, wie bei den meisten Konsolen üblich, gibt es nicht.

Stattdessen setzt Atari auf Stangenware, die ohne Änderungen direkt auf der neuen Hardware ausgeführt wird. »Infolgedessen funktioniert das endgültige Gerät wie ein gewöhnlicher Linux-PC, auf dem eigene Spiele gestartet und ausgeführt werden können«, schreibt »The Register«. »In Anbetracht der Spezifikationen, einschließlich des vorgeschlagenen AMD Ryzen-Chipsatzes, könnte das endgültige Paket ein gutes Geschäft werden... wenn Sie eine 250-Dollar-Media-Box anstelle einer Spielekonsole wünschen«.

»The Register« zweifelt deshalb die Eignung des Geräts als Konsole an. Unklar ist, ob »Atari VCS« je in einer finalen Variante präsentiert werden kann. Sollte das Gerät allerdings tatsächlich erscheinen, wird es laut Informationen der Publikation eher als eine Art »Streaming-Box« fungieren und als Konsole extrem limitiert sein.

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Kommentare (Insgesamt: 4 || Alle anzeigen )
Re[3]: Im Grunde erfreulich (Unerkannt, So, 13. Oktober 2019)
Re[2]: Im Grunde erfreulich (tip, Fr, 11. Oktober 2019)
Re: Im Grunde erfreulich (MancusNemo, Do, 10. Oktober 2019)
Im Grunde erfreulich (Oiler der Borg, Do, 10. Oktober 2019)
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