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Di, 31. März 2020, 11:18

Gesellschaft::Bildung

Gerangel um Lernsoftware in Baden-Württemberg

linuxmuster.net warnt in einer Stellungnahme davor, dass die freie Lernplattform Moodle, die seit Beginn der Corona-Krise intensiv genutzt wird, durch eine proprietäre Lösung ersetzt werden könnte. Proprietäre Anbieter versprächen eine bessere Leistung als Moodle, was wohl kaum der Realität entsprechen dürfte.

Mirko Lindner

Das freie Moodle wurde in Baden-Württemberg vom Kultusministerium als Lernplattform bereitgestellt. Vor der Corona-Krise war die Nutzung wohl eher gering, im Gegensatz zu vielen Regionen weltweit, wo Moodle bereits sehr populär ist. Dadurch, dass nun alle Schüler von zuhause aus lernen müssen, änderte sich das Bild schlagartig. Die vorhandene Installation konnte den Andrang nicht mehr bewältigen und war wegen Überlastung kurzzeitig nicht mehr funktionsfähig. Allerdings hat das Kultusministerium inzwischen die Server-Kapazitäten für Moodle massiv erweitert, so dass die betroffenen Moodle-Instanzen jetzt keine Engpässe mehr aufweisen.

In einem Artikel von Heise Online werden Vergleiche mit Microsoft 365 (das bis gestern noch Office 365 hieß) oder Microsoft Teams gezogen, die den Eindruck erwecken könnten, dass es mit proprietären Systemen dagegen keine Probleme gebe. linuxmuster.net, ein Verein, der Schulen dabei hilft, eine umfassende Linux-Lösung für Verwaltung und Lehrbetrieb zu etablieren, verwahrt sich vehement gegen solche Darstellungen. Zunächst sei es eine enorme Leistung gewesen, dass das kleine Team von BelWü (das Netz der wissenschaftlichen Einrichtungen in Baden-Württemberg) in kürzester Zeit alle Server aufgerüstet hat, was größten Dank und Respekt verdiene.

Der Verein äußert die Hoffnung, dass die Verantwortlichen im Kultusministerium, in der Landesregierung sowie im Landtag erkennen, wen sie mit einer digitalen Bildungsplattform betrauen müssen. Baden-Württemberg könne auf zwei Pfründe bauen, die Jahrzehnte lange Erfahrung von BelWü im Bildungsbereich (Verwaltungsnetzwerk, E-Mail, Moodle) und das seit über 15 Jahren im Land getragene Moodle. Wer nach Microsoft 365 oder MS Teams rufe, verkenne, dass letztere für Büroarbeit gedacht sind und nicht als Lernplattform taugen. Moodle mag erst einmal schwierig erscheinen, das liege aber an seiner Leistungsfähigkeit. »Das Falscheste, was man in dieser Situation machen könnte, wäre, dass man Moodle wieder wegnimmt, nachdem sich endlich Kolleginnen und Kollegen breitflächig mit Moodle auseinandersetzen, sich darin einarbeiten und es – auch von den Schülerinnen und Schülern – intensiv genutzt wird«, schreibt linuxmuster.net.

Der richtige Weg sei, darauf aufzubauen, dass bereits jede Schule Moodle hat. Als Strategie zur Beibehaltung der digitalen Souveränität sollte man dazu nun E-Mail (bereits vorhanden über BelWü) und Nextcloud mit cloudbasiertem Online-Office (Collabora) hinzufügen. Weitere freie Software wie BigBlueButton (für Webinare) und Mattermost oder Matrix für Messaging würden das Angebot komplettieren. Der Verein kritisiert, wie proprietäre Anbieter wie Microsoft und Slack gerade versuchen, von der Krise zu profitieren, in dem sie die Infrastruktur an sich reißen. Mit »blumigen und wortreichen Hochglanzprospekt-Versprechen« versuchen sie die Entscheidungsträger zu ködern. Die Versprechen können sie aber nicht annähernd halten, denn auch sie haben zahlreiche Ausfälle und Einschränkungen, wie linuxmuster.net aufzählt. So wurden auch die Dienste von Microsoft 365 eingeschränkt. Darüber hinaus wird auch auf die Datenschutzprobleme verwiesen, die durch Daten in der Cloud entstehen. Die Verantwortlichen werden daher aufgefordert, auf freie, selbstgehostete Software zu setzen, wie es der Koalitionsvertrag vorsieht, und sich nicht von internationalen Konzernen abhängig zu machen.

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