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Di, 9. Oktober 2001, 07:52

Gesellschaft::Politik/Recht

Bundesregierung und Open Source

Die Bundesregierung trägt sich immer öfter mit dem Gedanken, Open Source und freie Software in Behörden einzusetzen und startet erste Schritte, um diesem Vorhaben eine reale Gestalt zu verleihen.

Wie wir bereits berichtet haben, plant das höchste Verfassungsorgan Deutschlands, der Deutsche Bundestag, ernsthaft, Windows zu verbannen und durch Linux zu ersetzen. Wie nun die »Berliner Morgenpost« in einer ihrer Ausgaben meldet, soll diese Entscheidung bereits im Februar fallen. Nach einem Bericht der Zeitung ist der wichtigste Aspekt, der für das offene Betriebsystem spricht, der unschlagbare Preis. Nach Einschätzung diverser Experten könne alleine der Bund mit der Einführung von Linux rund 250 Millionen Mark sparen. Landesweit soll die Einsparung gar fünf Milliarden Mark ausmachen. Kaum verwunderlich ist es deshalb, dass immer mehr Politiker ein reges Interesse für das Betriebssystem mit Pinguin als Maskottchen zeigen, und sich das System auf die Fahnen geschrieben haben.

Nach Berichten der Zeitung setzen die Sozialdemokraten bereits seit 1995 Linux als Betriebssystem für ihre Server-Belange ein. In naher Zukunft will die SPD gar der redmondischen Textverarbeitung »Word« den Rücken kehren und flirtet immer öfter mit der kostenlosen Alternative aus dem Hause Sun. Leider sehen nicht alle Abgeordneten Linux wie der Christdemokrat Josef Hollerith, der einen Linux-Test mit 20 Abgeordneten fordert. Nach Meinung von Hollerith, der bereits in seinem Wahlkreisbüro Linux einsetzt, soll das freie Betriebssystem testweise auf zwanzig Rechnern installiert werden und so auf die Alltagsbedingungen geprüft werden. Dazu wird es wohl aber nicht mehr kommen, denn nach einem Bericht der Zeitung soll die Entscheidung bereits im Februar fallen, ob das offene System in den Deutschen Bundestag Einzug halten wird.

So arbeitet gegenwärtig eine Analystengruppe der Europäischen Kommission an einer Studie, die neben technischen Aspekten auch den wirtschaftlichen Betrieb prüft. Ferner hat auch ein weiteres Team von Experten Test-Szenarien im Berliner Rechnerzentrum des Bundestages installiert, um so die wirklichen Stärken gegenüber Microsoft zu beweisen. Eine der primären Funktionen des Systems soll eine sichere Datensicherung- und Verschlüsselungstechnik darstellen. »Beim Umstieg auf Linux, so viel ist jetzt schon sicher, müsste auch eine neue Verschlüsselungstechnik eingeführt werden«, schreibt die Berliner Morgenpost«.

Kaum verwunderlich erscheint es also, dass auch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) den Einsatz von Open Source prüft und gar Unterstützt. Das Ministerium beauftragte drei im Bereich Open-Source-Software tätige Unternehmen damit, freie Mailclients für das BSI-Projekt »SPHINX« zu entwickeln, an dem neben zahlreichen Bundesministerien und -behörden auch der Deutsche Bundestag beteiligt ist.

Im Pilotversuch SPHINX sollen nach Angaben des BSI Produkte verschiedener Hersteller zur Realisierung der Ende-zu-Ende-Sicherheit im Bereich der öffentlichen Verwaltung erprobt werden. Ziel sei es, eine sichere eMail-Infrastruktur für den Behördeneinsatz zu schaffen, die sich mit verschiedenen Mail-Clients nutzen lässt. Zur obersten Direktive erklärten die Verantwortlichen zudem, »produktübergreifende Interoperabilität der Lösungen verschiedener Anbieter« einführen zu wollen. Jetzt sollen zwei deutsche Unternehmen, Intevation und g10 Code, sowie das von KDE-Mitbegründer Kalle Dallheimer gegründete Unternehmen Klarälvdalens Datakonsult das Sphinx-Protokoll im Rahmen des »Projekts Ägypten« für freie Mail-Programme bereitstellen. Die Unternehmen planen zunächst, das SPHINX-Protokoll in die freien Mailclients »Mutt« und »KMail« einzubinden.

Während die deutschen Behörden in der Vergangenheit nur zögerlich Linux als Betriebsystem einsetzten, gingen unsere europäischen Nachbarn bereits einen Open-Source-Weg. Noch im Dezember des vergangenen Jahres installierte die französische Steuerbehörde 950 Linbox-Server mit Linux in ihren Räumen. Auch Polen startete bereits diverse Tests mit Linux und will nach Angaben polnischer Nachrichtenticker Linux einsetzen.

Microsoft hat dagegen nur wenig Sorgen, dass Linux dem Monopolisten die Show stehlen könnte. Lukrative Verträge mit diversen Firmen sichern den Redmondern weiterhin saftige Einnahmen aus Deutschland. Der Besuch des Microsoft-Managers vor Monaten im Deutschen Bundestag dürfte dagegen nach Informationen der »Berliner Morgenpost« bei den Vertretern des Monopolisten einen faden Beigeschmack hinterlassen haben. Der Eindruck, den der Manager bei den Parlamentariern hinterließ, war zwiespältig. »Der weiß offenbar nicht, wie man mit Abgeordneten reden muss», sagte ein Teilnehmer erbost.

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