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Mo, 28. Februar 2005, 22:48

Gesellschaft::Politik/Recht

Europäische Kommission lehnt Neustart der Softwarepatent-Richtlinie ab

Die Europäische Kommission hat den Wunsch des Europäischen Parlaments nach Neustart des Verfahrens zur umstrittenen Softwarepatent-Richtlinie zurückgewiesen.

Das Europaparlament hatte auf drei Ebenen entschieden, die Kommission um einen Neubeginn in dieser schwierigen Frage zu bitten: Am 2. Februar hatte der Rechtsausschuss (JURI) des Europaparlaments nahezu einstimmig einen entsprechenden Beschluss gefaßt. Am 17. Februar stellte sich die Konferenz der Präsidenten des EP (das Gremium der Fraktionsvorsitzenden) einstimmig hinter diese Entscheidung. Eine Woche später, am 24. Februar, bekräftigte noch einmal das Plenum des EP einstimmig diese Aufforderung, obwohl eine Plenarabstimmung formal nicht mehr erforderlich war.

NoSoftwarePatents.com erhielt am Freitag einen Hinweis aus dem Büro eines Vizepräsidenten der Kommission. Mittlerweile haben sowohl die Pressestelle als auch das deutsche Informationsbüro der Kommission diese Information offiziell bestätigt.

Florian Müller, Leiter der Kampagne NoSoftwarePatents.com, verurteilte die Entscheidung der Kommission in schärfstem Ton: »Ein Möchtegern-Napoleon an der Spitze der Kommission und eine Microsoft-Marionette, die das zuständige Generaldirektorat leitet, haben sich an der Demokratie vergangen. Wir rufen nun den EU-Rat dazu auf, für die Demokratie einzustehen und nächsten Montag (7. März) auf der Sitzung des Wettbewerbsrates die Verhandlungen über den Gemeinsamen Standpunkt neu zu eröffnen.«

Auf einer Pressekonferenz, die von NoSoftwarePatents.com und dem FFII e.V. am 17. Februar in Brüssel veranstaltet wurde, hatte der französische Europaabgeordnete Alain Lipietz davor gewarnt, dass das EP eine Ablehnung seines Neustartwunsches als eine »Beleidigung« auffassen würde. Mehrere Parlamentarier hatten sich bei anderen Gelegenheiten ähnlich geäußert.

Florian Müller hatte zuvor schon seine Sorge ausgedrückt, dass EU-Kommissar Charlie McCreevy »möglicherweise mehr daran interessiert ist, was für Microsoft gut ist, als was Europa im Ganzen nützt«. Seine Bedenken begründet er damit, dass Microsoft der größte Steuerzahler Irlands sei, da Microsoft aus dem »Steuerparadies« in Dublin seine Kunden in der gesamten EU beliefere. Ferner erläuterte Müller, dass »Irland mit seinem Steuersparprogramm für europäische Niederlassungen von US-Softwarefirmen innerhalb von knapp zwei Jahrzehnten den Sprung vom ärmsten zum reichsten Land Europas geschafft hat«.

Die unkluge und das Parlament erzürnende Entscheidung der Kommission läßt nun nur noch einen weiteren Weg offen, nämlich daß der Rat der EU die Direktive als B-Punkt auf die Tagesordnung setzt und noch einmal darüber abstimmt. Der Rat hatte letzte Woche dementiert, sie noch einmal zum A-Punkt machen zu wollen. In dieser Abstimmung könnte die Direktive bereits zu Fall gebracht werden. Falls nicht, käme es zur zweiten Lesung im Europaparlament, deren Abgeordnete es hier der Kommission heimzahlen könnten. Eine weitere, bislang noch theoretische Möglichkeit wäre, daß das Parlament die Kommission durch ein Mißtrauensvotum abberuft.

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