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Mi, 15. Juni 2005, 11:30

Software::Distributionen::Debian

Debian, wie geht es nun weiter?

Ian Murdock, Gründer des Debian-Projekts und Geschäftsführer bei Progeny, hat in einem Beitrag für Newsforge die anstehenden Herausforderungen für das Debian-Projekt nach Sarge zur Diskussion gestellt.
Von ThomasS

Erleichtert beginnt Ian Murdock sein Essay mit der Feststellung, dass Sarge nun endlich raus ist. Damit stellt sich für ihn die Frage: Was nun? Zwei Prioritäten für die Weiterentwicklung sind schnell gefunden. Zukünftig dürften sich Release-Verzögerungen wie im Fall von Sarge nicht nochmal wiederholen, benennt er die erste Priorität. Mit anderen Worten, es muss ein verlässlicher Release-Zyklus her. Die zweite Priorität sieht Murdock darin, dass Debian größten Wert auf Kompatibilität zu seinen vielen Derivaten wie Corel, Stormix, Progeny, Linspire, Xandros, Knoppix, LinEx, Skolelinux, MEPIS, und Ubuntu legen sollte. Nichts weniger als der totale Bedeutungsverlust von Debian als Plattform steht für Murdock auf dem Spiel, sollte man bei der Bewältigung dieser beiden Probleme scheitern.

Ein derartiger Bedeutungsverlust ist nicht unausweichlich, sieht Murdock doch Debian als zweiten großen globalen Linux-Player nach Red Hat, noch vor Novells SUSE. Im Augenblick sei es aber so, dass es zu Red Hat Linux keine ernsthafte Alternative auf dem Markt gibt. So hat Murdock beobachtet, dass die Industrie Debian zwar als Nummer 2 wahrnimmt, aber wegen mangelndem Know-How einfach keinen gangbaren Weg zur Zusammenarbeit mit dem Projekt findet. Dabei hat Debian im Vergleich zu seinen kommerziellen Mitbewerbern einige Vorteile, aus denen man durchaus Kapital schlagen könnte. Murdock sieht Debians Einzigartigkeit vor allem darin, dass es sich um ein nicht-kommerzielles Gemeinschaftsprojekt handelt. Das Duo Debian/Linux kann für ihn durch Offenheit, Herstellerneutralität und Gemeinschaftsgedanken glänzen, Offizielle von HP oder IBM bezeichnen Debian daher auch als "Kern der Linux-Community". Zwar sei Debian als Community-Projekt keineswegs allein, aber unter den nicht-kommerziellen Projekten ist Debian für Murdock der einzige "global player".

Zweitens ist Debian für ihn im Vergleich zu Red Hat oder SUSE-Distributionen eher eine modulare Sammlung von kompatibler Software als ein Betriebssystem im traditionellen Sinne. Gerade diese Modularität, die sich aus der gemeinschaftlichen Kooperation vieler Entwickler ergibt, ist die Basis für viele hochwertige Derivate von Debian. Zwar gebe es auch von Red Hat viele Derivate, die seien jedoch meist zueinander inkompatibel. Was Debian hier auszeichnet, ist aber nicht die Tatsache, dass es die technische Basis für hochwertige Derivate bildet, sondern dass die Derivate auch nach Jahren zueinander kompatibel bleiben. Dennoch geht Debians Popularität für Murdock weit über den Rahmen von Technologie hinaus, es fördert z.B. lokale Anpassungen nach dem Motto "denke global, handele lokal." Gerade die Tatsache, dass es viele Anpassungsmöglichkeiten für lokale Besonderheiten gibt, macht Debian für Regierungen und gemeinnützige Organisationen so attraktiv, wie etwa die Projekte Skolelinux oder LinEx zeigen. Mit dem Schritt zur lokalen Anpassung sind solche Projekt aber keineswegs isolierte Inseln, sondern zugleich auch Teil der globalen Debian-Gemeinschaft. Hätten Red Hat, Novell oder kommerzielle Anbieter wirklich Interesse oder die Ressourcen, ihre Produkte auf die lokalen Gegebenheiten wie z.B. im Fall der spanischen Provinz Extremadura anzupassen, fragt sich Murdock zweifelnd.

Alle seine Beobachtungen führen zur Feststellung, dass Debian Wege der Zusammenarbeit mit der Industrie finden muss. Dazu bedarf es eines verlässlichen Release-Plans, der Debian stable alle 12 bis 18 Monate erneuert und die Einbindung von ISVs, IHVs und OEMs. Der letzte Punkt ist Murdock wichtig: "Sie wollen uns engagieren, nicht nur weil wir Global Player sind, sondern weil wir ein nicht-kommerzielles Gemeinschaftsprojekt sind." In seinen Diskussionen mit Mitstreitern aus dem Debian-Projekt erntet Murdock allerdings eher abwinkende Reaktionen: "Warum brauchen wir 'Name der proprietären Applikation', wir haben doch schon 'Name der Open-Source-Alternative'?". Hier fragt Murdock sich, warum sollte man dies mit potentiellen Kunden überhaupt diskutieren, wenn diese meinen, dass sie ein bestimmtes proprietäres Programm bräuchten. Wesentliche Meilensteine auf dem Weg zur beschriebenen Zielsetzung sieht Murdock in der engeren Zusammenarbeit mit dem Linux Standard Base-Projekt (LSB) und eine notwendige Verpflichtung aller Derivate, mit Debian kompatibel zu bleiben. Ein berechenbarer Release-Zyklus von Debian stable kann nach seiner Ansicht sich abzeichnende Sonderwege der Derivate vermeiden helfen. Gerade die Herausforderung der Kompatibilität zu Debian will Murdock im Fall von Progeny auf jeden Fall annehmen.

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