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Di, 5. Mai 2009, 13:01

Unternehmen

Schweiz: Streit um eine Auftragsvergabe des Bundes an Microsoft

Der Bund hat einen 42-Millionen-Auftrag an Microsoft vergeben und dabei die Konkurrenten von Microsoft vorsätzlich ausgeschlossen - nun droht Ärger.

Am 1. Mai 2009 trauten viele Anbieter von quelloffenen Lösungen ihren Augen nicht. Laut einer Meldung im »Schweizerischen Handelsamtsblatt« hat das Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) bereits am 23. Februar einen Auftrag für die Verlängerung von Microsoft-Lizenzen in Höhe von 42 Millionen Franken (ca. 28 Millionen Euro) vergeben und damit den Wettbewerb gänzlich von einer Alternative ausgeschlossen.

Laut einem Bericht der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) könnte sich nun die Freigabe als Problem für die Bundesverwaltung erweisen. Denn gemäß einem Gesetz über das öffentliche Beschaffungswesen werden öffentliche Aufträge nach einem festgelegten Verfahren vergeben und unter anderem öffentlich ausgeschrieben. Die transparente Vergabe von Aufträgen soll unter anderem zum wirtschaftlichen Einsatz öffentlicher Gelder beitragen und den Bestimmungen des fairen Wettbewerbs genügen. So verbirgt sich hinter der nun erfolgten öffentlichen Mitteilung im »Schweizerischen Handelsamtsblatt« unter der Nummer 367121 [PDF] ein potentielles Problem für das BBL.

Die Bundesverwaltung rechtfertigt das Vorgehen mit der Tatsache, dass kein neuer Auftrag erteilt wurde, sondern bereits bestehende nur verlängert worden sind. Laut einem Zitat in der NZZ handle es sich bei der Vergabe um die »Verlängerung der bestehenden Lizenzverträge mit Microsoft«. Demnach können Auftrage ohne Ausschreibung direkt vergeben werden, wenn beispielsweise aufgrund technischer Besonderheiten nur ein Anbieter in Frage kommt.

Dass die Voraussetzungen gegeben waren, bestreiten die Anbieter von Open-Source-Lösungen allerdings. So gibt es nach Meinung von Matthias Stürmer, Vorstandsmitglied der Interessenvertretung »Swiss Open Systems User Group /ch/open«, besonders im Bereich des Computer-Arbeitsplatzes bereits zahlreiche Alternativen. Dabei verweist Stürmer auf die zahlreich vorhandenen Migrationsszenarien in anderen Ländern, dem Kanton Solothurn oder dem Bundesgericht. Erbost zeigen sich die OSS-Vertreter vor allem durch den absichtlichen Ausschluss des Wettbewerbs. Zudem gebe es Bedenken, dass die nun getätigte Investition nicht in inländische oder europäische Kassen fließen wird.

Das BBL verweist dagegen auf die bereits seit Jahren praktizierte Lösung. So seien laut Katja Lunau, Sprecherin des BBL, Lizenzverträge der Bundesverwaltung, die Microsoft-Produkte umfassen, noch nie öffentlich ausgeschrieben worden. Bereits Anfang der 90er Jahre seien diese Produkte auf Servern und den Desktops des Bundes eingesetzt worden. Im Laufe der Zeit wurde die Produktpalette von den Standardisierungsorganen des Bundes bestätigt und fortwährend ergänzt.

Im Raum steht allerdings die Frage, ob die Bundesverwaltung nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen im Jahre 1996 die erneuerten Lizenzverträge mit Microsoft nicht öffentlich ausschreiben müsste. Laut NZZ sei wenigstens die Frage erlaubt, warum sie nicht im »Schweizerischen Handelsamtsblatt« publiziert wurden.

Dem Vernehmen nach wollte das BBL von einer Veröffentlichung absehen. »Vor allem die Reaktion der OSS-Anbieter erachtete man als problematisch: Bisher hätten diese stillgehalten, doch bestehe ein beträchtliches Risiko, dass sie Beschwerde gegen die Vergabe einreichen würden«, schreibt die Zeitung. Ein externes Rechtsgutachten, das im Auftrag des BBL angefertigt wurde, kam allerdings zum Schluss, dass es keine Ausnahmen von der Publikationspflicht gebe. Die Verwaltung laufe darüber hinaus Gefahr, dass ohne eine Publikation jederzeit eine Beschwerde gegen die Vergabe eingereicht werden kann. Dabei müsste das BBL mit der Nichtigkeit des Vertrages mit Microsoft und möglichen Schadenersatzforderungen rechnen.

Nun drohe der BBL trotz der Veröffentlichung Ärger, denn es steht eine mögliche Beschwerde im Raum. Ob sie von der Seite der OSS-Gemeinschaft kommt, wollte Matthias Stürmer von /ch/open nicht sagen. Das BBL wollte sich laut NZZ über eine mögliche Beschwerde nicht äußern.

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