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Mo, 11. Januar 2010, 13:27

Gesellschaft::Politik/Recht

Stallman über den Verkauf von GPL-Ausnahmen

FSF-Präsident Richard Stallman befasst sich in seinem Blog mit der Frage, ob er den Verkauf von GPL-Ausnahmen befürworte.

Richard Stallman

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Richard Stallman

Der aktuelle Anlass für Richard Stallman, den Gründer und Präsidenten der Free Software Foundation (FSF), ist die in der Schwebe befindliche Übernahme von Sun einschließlich MySQL durch Oracle. MySQL ist eine der Firmen, die ihr Geschäftsmodell darauf aufbauen, dass sie dieselbe Software, die sie unter der GPL der Allgemeinheit zur Verfügung stellen, kommerziellen Nutzern unter anderen Lizenzbedingungen zum Kauf anbieten. Nokia mit der Qt-Bibliothek ist ein weiteres Beispiel für dieses Modell.

Die Unterstützung eines Briefes an die EU, um den Kauf von MySQL durch Oracle zu verhindern (PDF-Datei) hatte laut Stallman sogar Befürworter freier Software überrascht, denn sie glaubten, dass Stallman und die FSF solche Ausnahmen nicht befürworten würden. Tatsächlich hält Stallman diese Praxis seit den 1990ern für durchaus akzeptabel, wenn auch mit »gemischten Gefühlen«. In manchen Fällen war es dadurch möglich, wichtige Software unter eine freie Lizenz zu stellen. So beim ursprünglich proprietären Qt, bei dem der Hersteller Trolltech erkannte, dass er weiterhin proprietäre Lizenzen verkaufen konnte, selbst wenn Qt nicht nur kostenlos, sondern tatsächlich unter einer freien Lizenz erhältlich wäre.

Der Verkauf von GPL-Ausnahmen sei etwas grundsätzlich Anderes als der Verkauf proprietärer Software, argumentiert Stallman. Proprietäre Erweiterungen freier Software seien ethisch für ihn genauso wenig vertretbar wie proprietäre Software generell. Doch beim Verkauf von GPL-Ausnahmen sei der Code identisch und für die Allgemeinheit als freie Software verfügbar. Das Geschäftsmodell funktioniert überhaupt nur mit Copyleft-Lizenzen, denn Lizenzen, die noch weniger Bedingungen stellen, erlauben auch ohne besondere Genehmigung den Einbau des Codes in proprietäre Produkte.

Die entscheidende Frage ist für Stallman: Ist es ethisch akzeptabel, dass Software-Entwickler solche Ausnahmen verkaufen? Eine einfache Überlegung macht klar, dass das der Fall ist. Denn Lizenzen wie die X11-Lizenz (nahe verwandt mit den BSD-Lizenzen) erlauben es, den Code ohne Einschränkungen in proprietären Produkten zu verwenden - lediglich der Copyright-Vermerk muss erhalten bleiben und in manchen Fällen muss den Anwendern die Verwendung mitgeteilt werden. Diese Lizenzen sind für Stallman trotzdem akzeptabel. Er hält sie für eine schlechtere Wahl als die Copyleft-Lizenzen, aber nicht für falsch. Da diese Lizenzen akzeptabel sind, muss es der Verkauf von GPL-Ausnahmen ebenfalls sein.

Die FSF selbst macht dennoch von dieser Option keinen Gebrauch. Laut Stallman sind es drei Gründe, die dagegen sprechen. Zum einen wäre es nicht sinnvoll für das Hauptziel der FSF, Freiheit für alle Benutzer der Software zu erreichen. Außerdem will die FSF keine proprietären Erweiterungen ihrer Programme zulassen, was durch den Verkauf von GPL-Ausnahmen möglich wäre. Aus strategischen Gründen gibt es bisweilen Ausnahmen von diesem Prinzip, so dass ein Softwarepaket ganz oder in Teilen unter einer weniger restriktiven Lizenz als der GPL veröffentlicht wird. Stallman nennt keine Beispiele, gemeint sein könnten aber unter anderem die GNU C Library (glibc) und ein Teil der GCC-Laufzeitumgebung. Ein dritter Grund ist, dass die FSF alle Benutzer gleich behandeln will.

Die FSF wird jedoch, so Stallman abschließend, nicht darauf bestehen, dass Firmen den gleichen Prinzipien folgen. Stallman selbst würde Unternehmen dazu raten, GPL-Ausnahmen zu verkaufen, wenn dadurch bisher proprietäre Software freigegeben werden kann.

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