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Mi, 31. Juli 2013, 12:00

Software::Grafik

Kommentar: Crowdfunding in Mesa?

Mittels einer Crowdfunding-Aktion sucht ein Entwickler im Umfeld der freien Grafikbibliothek Mesa, die die OpenGL-Spezifikation umsetzt und unter anderem unter Linux genutzt wird, um OpenGL-Funktionalität zu implementieren, nach Unterstützern. Konkret plant er eine Vollzeitstelle zu schaffen, die sich zwei Wochen lang um die Implementierung neuer Funktionen kümmert. Ob das aber Mesa wirklich hilft, ist nicht sicher.

opengl.org

Das aktuelle Sorgenkind vieler Linux-Enthusiasten ist der freie Grafik-Stack, bestehend aus den Hardwaretreibern und der freien OpenGL-Implementierung Mesa. Mesa selbst ist eine 3D-Grafikbibliothek, die das OpenGL-API in freier Software implementiert. Sie ist das freie Äquivalent zu den OpenGL-Bibliotheken, die den proprietären Grafiktreibern beiliegen. Sie unterstützt die Hardware-Beschleunigung, wo diese zur Verfügung steht, und emuliert andernfalls die 3D-Funktionen in Software, was allerdings mindestens eine Größenordnung langsamer ist.

Mittlerweile hat die Bibliothek die Grenze von 1,3 Millionen Zeilen Code erreicht und die Entwicklung sowohl neuer Funktionen als die Korrektur von Fehlern gestaltet sich zunehmend als Herausforderung für die wenigen Entwickler, die an Mesa arbeiten. So hinkt beispielsweise die Implementierung von OpenGL dem Standard um Jahre hinterer. Mit der Freigabe von Mesa 9.2, die aller Voraussicht nach in den kommenden Wochen stattfinden wird, wird erstmalig auch OpenGL 3.2 unterstützt - knapp vier Jahre nach der Freigabe der Spezifikation.

Dementsprechend sind die Entwickler der Bibliothek auf Hilfe dringend angewiesen. Dabei spielt Geld wohl eine eher untergeordnete Rolle, denn fast alle bisherigen Bereiche sind durch Unternehmenssponsoren abgedeckt. So unterstützt VMWare beispielsweise neben dem Maintainer auch weitere Mesa-Entwickler. Der Radeon Gallium3D-Stack wird größtenteils durch AMD getragen und die Entwicklung der Intel-Treiber wird durch das eigene OTC-Team vorangetrieben. Doch auch die durch Freiwillige getragenen Projekte, wie beispielsweise der Nouveau-Treiber, haben keinen wirklichen Grund, nach neuen Mitteln zu rufen. Was fehlt, sind offenbar Unterstützer, die an dem Projekt mitarbeiten würden.

Einen etwas ungewöhnlichen Weg hat sich deshalb der Australier Timothy Arceri ausgesucht. In einem Aufruf auf der Crowdfunding-Plattform Indiegogo sucht der Entwickler nach Sponsoren, die ihm eine zweiwöchige Arbeit an Mesa bezahlen würden. Dazu möchte er sich freinehmen, in das Projekt einarbeiten und sich komplett der Entwicklung der OpenGL 4.3-Erweiterung GL_KHR_debug widmen. Sollte er in dieser Zeit nicht fertig werden, verspricht er diese auch danach weiter zu entwickeln. Das Ziel der Kampagne beträgt 2500 US-Dollar.

Es ist allerdings nicht so, dass Interessenten keine Gelegenheit gegeben wird, an Mesa mitzuarbeiten. Freiwillige sind und waren immer wieder bei der Entwicklung von Mesa willkommen. Marek Olšák ist beispielsweise so ein Fall. Doch auch Studenten, die an der Bibliothek mitarbeiten wollen, haben Gelegenheit, bezahlt, daran mitzuarbeiten - Google & Co machen es möglich. Ergänzend muss allerdings erwähnt werden, dass Arceri für die meisten Förderprogramme, als fest angestellter Entwickler, nicht infrage kommt.

Das Problem bei ihm scheint eher an seinen wenigen Zeitressourcen und seinem kaum vorhandenen Status als Entwickler von freier oder quelloffener Software zu liegen. Streng genommen könnte seine Mitarbeit eher mit einem professionellen Auftragsentwickler verglichen werden. So hat er sich weder in der Vergangenheit auf der Liste des Mesa-Projektes zu Wort gemeldet, noch plant er ernsthaft, an Mesa in Zukunft weiter mitarbeiten zu wollen. Auch seine Mitarbeit an den von ihm erwähnten Projekten (unter anderem Firefox, Glib, Banshee oder Nautilus) hielt sich in Grenzen und betraf stets relativ kleine Korrekturen. Ob und wie weit er sich auch in die (Un)Tiefen von Mesa binnen der angedachten Zeit einarbeiten kann, um neue Funktionen zu implementieren, steht in den Sternen.

Im Gegensatz zu Arbeiten der Studenten bei diversen Sommer-Aktionen steht Arceri kein Mentor zur Seite. Seine erste Frage auf der Liste des Mesa-Projektes wurde zwar beantwortet, doch schon die Zweite (und letzte) blieb unbeantwortet. Deshalb - auch ohne ihm unlautere Motive unterstellen zu wollen - ist der Erfolg der Kampagne durchaus unsicher.

Das Spektrum der Resultate, die sich aus seiner Arbeit ergeben könnten, ist breit gefächert und reicht von einer vorbildlichen Arbeit bis hin zu einem Totalausfall. Doch nicht nur die Komponente Arceri spielt eine Rolle. Auch die Nützlichkeit von Erweiterungen auf Bestellung wäre zu klären. Inwieweit die Implementierung neuer Funktionen als professionelle Auftragsarbeit und die Pflege durch die Stammmannschaft durchgeführt werden kann, ist ein Teil der Problematik. Man darf deshalb sicherlich auf den Ausgang der Aktion gespannt sein.

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