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Do, 25. August 2016, 10:00

Software::Kernel

25 Jahre Linux

Heute vor genau 25 Jahren, am 25. August 1991, kündigte Linus Torvalds in einem mittlerweile legendären Newsgruppen-Beitrag eine Entwicklung an, die kurz danach als Linux bekannt werden sollte.

Hans-Joachim Baader

In der Usenet-Newsgruppe comp.os.minix fragte der in Finnland geborene und zu der Zeit an der Universität Helsinki studierende Torvalds, welche Features die Benutzer an Minix mögen und welche nicht. Offensichtlich versuchte er zu diesem Zeitpunkt schon, dem noch namenlosen System die Features zu geben, die die Benutzer am meisten benötigen würden.

In dem Beitrag schrieb Torvalds, dass das neue System frei sein werde, dass es ein Hobby und auf 386/486-CPUs beschränkt sei. Ferner habe er bereits bash 1.08 und gcc 1.40 auf das System portiert und erwarte, dass es in einigen Monaten benutzbar sein werde.

Dass Linux in diesem Jahr 25 Jahre alt wird, ist klar. Streiten kann man sich allerdings über den genauen Geburtstag. Denn an diesem bewussten 25. August war Linux schon seit Monaten in Entwicklung. Sollte man stattdessen lieber den 17. September als Geburtstag von Linux gelten lassen? An diesem Tag des Jahres 1991 stellte Torvalds die erste Kernelversion, 0.01, auf einem FTP-Server der Universität bereit. Oder ist der Geburtstag Anfang des Jahres 1991 anzusiedeln, als Torvalds auf seinem gerade gekauften 386er-PC mit den ersten Entwicklungen begann? Anfänglich wollte er nur einen Terminal-Emulator schreiben, über den er auf den Uni-Server zugreifen konnte. Bald wurde ihm klar, dass er nicht mehr nur einen Terminal-Emulator, sondern ein echtes Betriebssystem als Ziel hatte. Er benötigte einen Disk-Treiber und ein Dateisystem und hätte an diesem Punkt nach eigenen Aussagen beinahe aufgegeben, irgendwann im Frühjahr 1991. Doch er hatte viel Zeit, also schrieb er den Treiber und ein Minix-kompatibles Dateisystem.

Fotostrecke: 4 Bilder

Linus Torvalds, Vater des Linux-Kernels
Linus Torvalds, Initiator des Linux-Kernels
Im Zweifelsfall feiert man eben zweimal, heute und am 17. September. Als Linus am 17.9.1991 die Version 0.01 veröffentlichte, war diese weder lauffähig noch ohne weiteres zu compilieren, doch sie setzte mit rund 10.000 Zeilen Code ein großes Ausrufezeichen. Schon die einen Monat später erschienene Version 0.02 war, auch dank erster Beiträge von anderen Entwicklern, benutzbar. Und nun ging es rasend schnell. Bereits Anfang 1992 verfügte der Kernel über eine virtuelle Speicherverwaltung und war als Entwicklungsplattform geeignet. Zu diesem Zeitpunkt war die Versionsnummer schon 0.12. Im Laufe des Jahres 1992 folgte eine erste Implementation von TCP/IP, die die Portierung des X Window Systems von XFree86 auf Linux ermöglichte. Die ersten Distributionen entstanden Ende 1992. Debian und Slackware feierten bereits 2013 ihren 20. Geburtstag.

Die Ankündigung von Linus war aus heutiger Sicht revolutionär. Innerhalb von wenigen Monaten beschäftigten sich hunderte der talentiertesten Hacker mit dem neuen System und trugen zahlreiche Erweiterungen bei. Damit wurde Linux zum größten Projekt, das gemeinschaftlich entwickelt und über das Internet koordiniert wurde, und setzte neue Maßstäbe. Ein Großteil der Innovation im Softwarebereich wird heute unter Verwendung von Linux und anderer freier Software geleistet. Bei allen Erfolgen darf aber nicht vergessen werden, dass ohne die Vorarbeit von GNU, die alle grundlegenden Werkzeuge bis hin zu Emacs und GCC geschrieben und frei zugänglich gemacht hatte, Linux nicht so leicht möglich gewesen wäre.

Das Linux-Ökosystem ist heute so groß, dass es nicht mehr möglich ist, einen detaillierten Überblick zu geben. Es würde auch diesen Artikel sprengen, die Geschichte von Linux hier auszuführen. In der Wikipedia wurde dies bereits ausführlich getan. In den letzten Jahren war die Stagnation des Desktops allgemein und der Aufstieg der Mobilsysteme ein dominierender Trend. Aus bescheidenen Anfängen stieg das Linux-basierte Android auf einen Marktanteil von über 81 Prozent. Ein anderer wichtiger Trend ist die zunehmende Dominanz von Unternehmensbeiträgen zur Weiterentwicklung von Linux. Davon profitierte auch die kräftig gewachsene Linux Foundation, unter deren Dach immer mehr Gemeinschaftsprojekte versammelt sind. Das mag bei so manchen Linux-Anhängern Bedenken auslösen. Doch Linus Torvalds und viele der Subsystem-Betreuer sind, egal ob sie bei der Linux Foundation oder bei einem Unternehmen angestellt sind, völlig unabhängig und an keine Weisungen gebunden. Die Mitarbeit von Unternehmen war aber schon von früh an wichtig. Ohne sie hätte Linux nie den heutigen Status erreicht und würde immer noch viele Lücken in der Funktionalität aufweisen.

Doch Unternehmen sind selten Freunde von Copyleft-Lizenzen. Die sichtbare Konsequenz ist, dass immer mehr Projekte unter nicht-Copyleft-Lizenzen wie BSD, MIT oder Apache erscheinen. Das mag in Hinsicht auf die Nachhaltigkeit der Software bedauerlich sein. Auf der anderen Seite zeigen viele Projekte, die Code unter der GPL veröffentlicht haben, kaum Interesse daran, die leider zahlreich vorkommenden Lizenzverletzungen zu verfolgen. Das schafft einen kaum wünschenswerten Zustand, in dem Lizenzverletzungen einerseits illegal sind, andererseits aber fast immer geduldet werden.

Ein weiterer Trend der letzten Jahre ist, wie sich Microsoft immer mehr zu Linux und Open Source hinwendet. Aus Menschenfreundlichkeit geschieht das allerdings nicht, sondern mit handfesten eigenen Interessen, beispielsweise im Zusammenhang mit der Microsoft-eigenen Azure Cloud. Wer die Geschichte von Microsoft kennt und daraus gelernt hat, weiß, was von den Handlungen des Konzerns zu halten ist.

Im Bereich der Mobilsysteme dominiert Linux nun also absolut. Unter dem Radar der meisten Anwender laufen auch eingebettete Systeme, von industriellen Systemen bis hin zu Navis, Fernsehern, Spielekonsolen und Routern, zu einem sehr großen Teil unter Linux. Im Supercomputer-Bereich hat Linux einen Marktanteil von etwa 99 Prozent (497 der 500 schnellsten Systeme) und im allgemeinen Server-Bereich ist zumindest festzuhalten, dass nahezu alle größeren Anbieter große Linux-basierte Clouds betreiben, oft mit 100.000 oder mehr Rechnern. Dass Virtualisierung und Containerisierung, beides weitere große Trends der letzten Jahre, mit Linux so unkompliziert zu machen sind, führt zu einer immensen weiteren Zahl an virtuellen Linux-Servern.

Was weiter fehlt, ist ein nennenswerter Linux-Anteil auf dem Desktop, wobei der Desktop aber mittlerweile ein zurückgehender Markt ist. Die von Torvalds scherzhaft zum Ziel erhobene »World Domination« von Linux bleibt hier weiter aus. Zu groß sind für viele Anwender die Abhängigkeiten von Windows, die Microsoft auf allen Ebenen installiert hat. Es mag sein, dass jetzt etwa [a 23720]zwei Prozent der Desktop-Anwender Linux nutzen. Vielleicht sind es weniger, vielleicht aber auch mehr, wenn man an die besonders in den USA boomenden Chromebooks denkt.

Zur Zukunft von Linux gibt es wenig zu sagen. Das System hat 25 Jahre durch fortwährende Umstrukturierungen und Erweiterungen überstanden. Es bestehen gute Chancen, dass es für weitere 25 Jahre gut ist, da es sich immer wieder an die Technologie und an die Wünsche der Anwender anpasst. Es muss nur jemand den nötigen Code schreiben und zur Aufnahme vorschlagen. Das geht oft mit längeren, manchmal hitzigen Diskussionen einher, doch das ist nötig, um sich auf eine technisch saubere, langfristig tragbare Lösung zu einigen.

Selbst Linus Torvalds weiß nicht, wie Linux in zwei Jahren aussehen wird, und er macht sich erst gar keine Gedanken dazu. Es sind die Anwender, die neue Funktionen implementieren, und die Entwicklung der Hardware bestimmt, welche Funktionen neu benötigt werden oder verbessert werden müssen. Ein bedeutender Trend der nächsten Zeit werden nichtflüchtige Speicher sein, die immer größer und billiger werden. Dabei geht es insbesondere um RAM, das seine Daten auch beim Ausschalten behält. Linux ist für diese Hardware bereits bestens vorbereitet, auch wenn noch nicht alles fertig ist.

25 Jahre hat Linux trotz aller Schwierigkeiten und Turbulenzen bereits hinter sich gebracht und steht heute besser da denn je. Grund genug, auf das Wohl von Linux und mindestens 25 weitere Windows-freie Jahre anzustoßen.

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Kommentare (Insgesamt: 17 || Alle anzeigen )
Re: Happy Birthday (Atalanttore, Sa, 27. August 2016)
Werde mal 30 (Thomas Sch., Fr, 26. August 2016)
Re[3]: Happy Birthday (Janka, Fr, 26. August 2016)
Re[4]: Happy Birthday (Anonymous, Fr, 26. August 2016)
Re[6]: Happy Birthday (Janka, Fr, 26. August 2016)
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