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Do, 7. Mai 2020, 12:03

Gesellschaft::Politik/Recht

München will wieder mehr freie Software einsetzen

Die neu gewählte Münchner Regierung will freier Software den Vorzug vor proprietärer geben, wo immer es möglich ist, und von der Stadt selbst entwickelte Software soll als freie Software veröffentlicht werden.

Mirko Lindner

Bei den Wahlen zum Stadtrat im März ergaben sich in München Mehrheitsverhältnisse, die eine Koalitionsregierung von SPD und Grünen möglich machten. Jetzt haben sich die beiden Parteien auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Dieser enthält im Abschnitt XII »Digitalisierung als Chance« die Ziele der Koalition bezüglich freier Software und der Freigabe selbst entwickelter Software.

Vor einigen Jahren war München bereits wesentlich weiter als heute. Ein an die Stadtverwaltung angepasstes Linux-System, LiMux genannt, war ein Erfolgsmodell mit Vorbildfunktion, das weltweite Beachtung fand. Allerdings gab es schwerwiegende interne Probleme in München. Ständig wurde die Migration auf Linux durch das Kompetenzgerangel der nicht weniger als drei unterschiedlichen zuständigen Behörden behindert, was nie gelöst werden konnte, da es nicht zur Einführung einer Stelle kam, die für die gesamte städtische IT zuständig wäre. Auch eine Reihe von Problemen in der IT wurde publik gemacht, die aber fast komplett nichts mit Linux zu tun hatten.

Von den 18.000 Desktop-Rechnern der Stadt München liefen zum Abschluss der Migration 2014 über 17.000 mit LiMux. Pläne, die verbleibenden 1.000 Windows-Installationen loszuwerden, gab es bereits. Dazu hätten noch die restlichen proprietären, nur Windows-fähigen Anwendungen umgestellt oder ersetzt werden müssen. Doch dann kamen eine neue Regierungskoalition aus SPD und CSU, ein neuer Oberbürgermeister, eine neue in Aussicht gestellte Microsoft-Ansiedlung, und schon wurde beschlossen, für mehr als 50 Mio. Euro, ein Mehrfaches dessen, was die Umstellung auf LiMux gekostet hatte, zu MS Windows zu migrieren und sich erneut in die Abhängigkeit eines proprietären Anbieters zu begeben.

Nun ist die CSU wieder draußen und München scheint sich entsprechend wieder mehr in Richtung freie Software zu neigen. »Wo immer technisch und finanziell möglich setzt die Stadt auf offene Standards und freie Open Source-lizenzierte Software und vermeidet damit absehbare Herstellerabhängigkeiten«, heißt es im Koalitionsvertrag. Für jede Abweichung von diesem Grundsatz wird eine Begründung verlangt. Die Stadt will außerdem ein öffentlich zugängliches Open Source-Dashboard mit Kostenbilanz, auch bei Betriebssystemen und Office-Anwendungen, einrichten, aus dem hervorgeht, in welchen Bereichen die Landeshauptstadt auf Open Source setzt und welche Fortschritte in diesem Bereich gemacht wurden.

Darüber hinaus soll künftig auch selbst entwickelte Software freigegeben werden, wobei ausdrücklich auf die Initiative Public Money? Public Code! Bezug genommen wird. Die Free Software Foundation Europe (FSFE), die auch an »Public Money? Public Code!« beteiligt ist, begrüßt die Vereinbarungen ausdrücklich, wenn sie auch einige mögliche Schlupflöcher kritisiert. Sie kündigt an, die Fortschritte bei der Umsetzung und wie die Ausschreibungsprozesse angepasst werden, genau zu beobachten.

Auch bei den Daten strebt München mehr Offenheit an. So soll das Open Data Portal der Stadt »nach Wiener Vorbild« ausgeweitet werden. Alle nicht personenbezogenen Daten der Stadt und ihrer Beteiligungsgesellschaften sollen unter einer offenen Lizenz zur Verfügung gestellt werden, wobei Details noch geklärt werden müssen. Städtische Daten sollen weitestgehend auf städtischen Systemen gespeichert werden. Dazu will die Stadt eigene Hardware, Software und eigenes Personal vorhalten. Dies steht im Zusammenhang mit dem erklärten Ziel, die digitale Souveränität zu sichern und zurückzugewinnen. Digitale Souveränität bedeutet für die Koalition, dass zentrale und entscheidende Bereiche des digitalen öffentlichen Lebens in der Hand der Bürger oder der Kommunen sind. Dazu will man sich mit anderen europäischen Kommunen vernetzen. Auch Datenschutz soll in München großgeschrieben werden, auch im Zusammenhang mit dem geplanten Ausbau der Online-Dienste, die den persönlichen Gang zum Amt ersetzen, und dem kommunalen M-Login (Single Sign-on), aber auch bei allen anderen Bürgerdaten.

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