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Mo, 10. Januar 2005, 14:00

Gesellschaft::Politik/Recht

Softwarepatente: »Ausstiegsstrategie für den EU-Rat«

Das EU-Richtlinienverfahren zu Softwarepatenten bleibt in Bewegung.

Kurz vor Weihnachten hatte die polnische Regierung überraschend eine Entscheidung im EU-Rat verhindert. Im Europaparlament bildet sich nun eine starke Unterstützung für eine Initiative zum Neustart des gesamten Gesetzgebungsverfahrens heraus. 61 MdEP (Mitglieder des Europäischen Parlaments) aus dreizehn verschiedenen Ländern und vier Fraktionen haben einen Antrag eingereicht, die EU-Kommission um eine erneute Vorlage zu bitten. Effektiv hieße das, an den Ausgangspunkt des Verfahrens zurückzukehren. Die Unterzeichnergruppe wird angeführt vom ehemaligen polnischen Regierungschef Jerzy Buzek. Ihr gehören weitere namhafte Politiker an, darunter drei Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments, mehrere Mitglieder der Führungsspitzen von Fraktionen und Ausschüssen sowie eine ehemalige EU-Kommissarin.

Der Kampagnenleiter von NoSoftwarePatents.com, Florian Müller, sieht in einem Verfahrensneubeginn »auch eine Ausstiegsstrategie für den EU-Rat, die alle das Gesicht wahren lässt«. Ansonsten müsse der EU-Rat entweder undemokratisch handeln und gegen die wahre Mehrheit entscheiden oder von einem ungeschriebenen Gesetz der Diplomatie abweichen und noch einmal neu über seinen im Mai vereinbarten Standpunkt verhandeln.

Die EU-Kommission hatte die Möglichkeit, dass das Parlament das Verfahren neu starten könnte, auf ihrer offiziellen Internetseite bereits im letzten Sommer herausgestellt. In diesem Szenario würde das Europäische Parlament nochmals eine erste Lesung abhalten, und der Rat wäre wieder frei, seinen »Gemeinsamen Standpunkt« zu verhandeln. Der EU-Rat könnte auch im laufenden Verfahren nach wie vor seine Position ändern, da diese noch nicht formal beschlossen wurde. Informell sind die Mitgliedsstaaten jedoch gegenwärtig an die politische Einigung vom 18. Mai 2004 gebunden.

»Eine Mehrheit der heutigen Europaabgeordneten konnte an der ersten Lesung im Jahr 2003 nicht teilnehmen, und die Regierungen der neuen Mitgliedsstaaten waren letzten Mai noch damit beschäftigt, ihren Platz im Rat einzunehmen«, sagte Müller weiter. »Diese Angelegenheit ist kontrovers, komplex und für Europas Zukunft außerordentlich kritisch.« Europa solle deshalb Wert darauf legen, zur richtigen Entscheidung zu finden und nichts zu überstürzen. »Wenn es eine Kategorie von Patenten gibt, die zur Zeit in Europa schwer durchzusetzen sind, dann reden wir doch nur über diese dubiosen Softwarepatente, die angeblich keiner will und deren Existenz manche sogar vehement bestreiten.« Obwohl das Europäische Patentübereinkommen Patente auf Computerprogramme ausschließt, sind in Europa schätzungsweise über 30.000 Softwarepatente erteilt worden.

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