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Mi, 22. Juni 2005, 10:43

Gemeinschaft::Personen

Torvalds im Interview zur Zukunft von Microsoft und proprietärer Software

John Paczkowski hat vor einiger Zeit in einem Interview Linux-Vater Linus Torvalds gebeten, in seine Kristallkugel zu schauen und sich zur Zukunft proprietärer Software und Microsoft äußern.
Von ThomasS

In seinen Fragen verknüpft Paczkowski die Zukunft von Open Source mit dem Schicksal von Microsoft, das auch heute noch in quasi-monopolistischer Stellung, verschiedene Märkte zu dominieren scheint. In Sachen Open Source ist Torvalds überzeugt, dass sich diese Art der Erzeugung und Verteilung von Software mehr und mehr durchsetzen wird. Allerdings heißt es für ihn nicht, dass proprietäre Software einfach verschwinden wird. Generell beobachtet er einen langsamen evolutionären Reifungsprozess, den Open Source gerade durchläuft: "Meiner Meinung nach ist dies nicht mehr aufzuhalten, aber dieser Prozess ermöglicht es proprietären Herstellern, auf der Basis von Open Source weiterhin proprietär bleiben zu können." Daher werden diese Hersteller auch nicht einfach verschwinden, sondern einfach nur nicht mehr ohne weiteres die Spitze der Nahrungskette erklimmen können. Zukünftig werden sie in den Bereichen Support und Services punkten können, um ihre Machtstellung ausbauen zu können.

Aber selbst abseits von Support und Dienstleistungen wird es immer Nischen zur Spezialisierung und damit für den Fortbestand proprietärer Geschäftsmodelle geben. Mit zunehmender Marktdurchdringung werden Open-Source-Projekte noch mehr als bisher Möglichkeiten für die Migration von "Closed Source" zu "Open Source" schaffen, wie es in der Vergangenheit schon in Sachen Kompatibilität bei Dateiformaten und Netzwerkprotokollen geschehen ist. Entscheidend ist für Torvalds in diesem Punkt, dass die Abhängigkeiten von einzelnen Herstellern mehr und mehr verschwinden werden. Zumindest wird man zukünftig entscheiden können, ob man sich in die Abhängigkeit zu einem Hersteller begibt oder lieber zu einer weitverbreiteten, dokumentierten und offeneren Lösung greifen will.

Im Hinblick auf die Zukunft von Microsoft sieht Torvalds eine grundlegende, auch zukünftig nicht abnehmende Konkurrenz zu Open Source. Schließlich sei der Verkauf von Software eine Haupteinnahmequelle, daher bleibt der Redmonder Softwareriese eine der wenigen Hersteller mit einer deutlichen Abneigung gegen Open Source. Viele andere Hersteller sehen in Open Source eine Plattform, auf die sie aufbauen können. Die gleiche Plattform ist für Microsoft allerdings eine Bedrohung, weil sie die Art, wie man in Redmond Geschäfte macht, in Frage stellt. Dies bedeutet aber nicht automatisch, dass der Markt für Microsoft schnell verschwinden werde. Eher sei Microsoft heute in einer Situation wie IBM vor zwanzig Jahren, als die umfassende Kontrolle der Marktbasis allmählich verloren ging. Dies heißt für Linus Torvalds nicht, dass die Marktanteile von Microsoft notwendigerweise schrumpfen oder die Marktposition geschwächt werde. Die entscheidende Frage wird sein, was mit den Profit-Margen von Microsoft passieren wird. Möglicherweise könnte Microsoft weitere Märkte verlieren, aber unabhängig davon ist Open Source schon heute für Torvalds ein notwendiges Korrektiv auf dem Software-Markt.

Auf die Frage nach den Folgen sinkender Marktanteile von Microsoft und dem damit verbundenen Schicksal des PCs für den Technologie-Markt betont Torvalds, dass Microsoft nicht einfach verschwinden werde. Allerdings werde die Lücke, die sich durch den erodierenden Markt-Einfluss auftut, nicht einfach von einem neuen Platzhirsch einfach besetzt werden können. Eher erwartet der Linux-Vater, dass Konkurrenz auf den Technologie-Märkte eine deutliche Belebung erfahren wird. Rein technisch gesehen werden diese Trends allerdings nicht zu einer sinkenden Bedeutung des PCs überhaupt führen, da dieser zunehmend wie etwa Gemüse zu den alltäglichen Gegenständen in der Arbeit und zur Kommunikation gehören wird: "Du brauchst sie jeden Tag, aber du denkst nicht, dass sie dein Leben kontrollieren."

Grundsätzlich ist Torvalds überzeugt, dass sich Microsoft nicht ewig in der gegenwärtigen Marktposition halten kann. So kann es durchaus sein, dass der Softwareriese einfach auf Grund eigener Fehler irrelevant werden könnte oder die Märkte aus irgendwelchen Gründen nicht mehr so automatisch weiter laufen wie bisher. Die entscheidenden Fragen sind für ihn: "...wie und in welchem Zeitraum dieser Niedergang stattfindet wird. Wird Open Source dabei eine Rolle spielen? Sehr wahrscheinlich. Wird es der Faktor sein? Ich weiß es nicht."

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