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Di, 31. Januar 2006, 10:19

Software::Entwicklung

Fehlgeleitete Entwicklungshilfe für Namibia?

Die Organisation »Charity Network« und der Lions Club Norderstedt betreiben ein Projekt, das Schulen in Namibia mit ausgedienten PCs und Windows 2000 ausstatten will.

Das Charity Network will gemeinsam mit dem Lions Club Norderstedt und Hardware-Spendern ca. 660 ältere PCs (ab 500 MHz Takt) an 150 namibische Schulen verteilen. Als Betriebssystem soll Windows 2000 aufgespielt werden, weil dafür angeblich noch lange Support gewährt wird. Die Lizenzen für Windows 2000 stammen aus dem MAR-Programm von Microsoft und kosten jeweils 5 US-Dollar. Für diese Software werden jedoch keine Medien geliefert, was langfristige Wartungsprobleme schafft.

Trotz der zweifellos guten Absicht hinter dem Projekt hat die Linux User Group Norderstedt Bedenken an dem Projekt geäußert und in einem offenen Brief an das Charity Network publik gemacht. Die Diskussion kann im Forum der LUG weiter verfolgt werden.

In einer ersten Anfrage formulierte Michael Edwards die Bedenken folgendermaßen: »Die Microsoft Lizenzen kosten Geld, die im Nachhinein dazu führen würden, dass das hart erarbeitete Kapital dann doch wieder in die Westlichen Länder fließt. Ist das beabsichtigt, oder nur nicht berücksichtigt?... Wäre denn den Namibischen Schulen und den Schülern nicht viel eher geholfen, wenn sie Open Source Produkte einsetzen würden?... Meines Wissens wird Microsoft die Unterstützung für Win2000 auch nicht mehr lange liefern.«

Das Charity-Network wollte diese Bedenken nicht teilen: »Windows 2000 Professional wird zudem noch über mehrere Jahre lieferbar sein. Als Nachfolger steht auch schon XP in der Vorbereitung für unseren Projektansatz. Mit den örtlichen namibischen Schulen ist zudem das Prinzip abgesprochen; sie wünschen diese Konfiguration.« Weiter wird ausgeführt, daß in Namibia nur ein »verschwindend kleiner Teil der PC-Community für Linux votiert« und daß die »potentiellen Abnehmer« die »deutsche PC-Gemeinde« sei, von der nur 7% Open Source nutze.

Michael Edwards fragte daraufhin bei SchoolNet Namibia nach, das bereits vor drei Jahren erklärt hatte, daß Microsoft-Software aufgrund der hohen Folgekosten selbst geschenkt noch zu teuer sei. Die Antwort von Joris Komen, dem Direktor von SchoolNet Namibia, kam prompt. Sein Schreiben deutet darauf hin, daß er mit dem Charity Network direkt kommuniziert hat, um Näheres zu erfahren. Er beklagt sich, daß auch dieses Projekt fehlgeleitet sei und, wie so viele andere zuvor, für Namibia nichts als Schwierigkeiten bringen werde. Seine Organisation verbringe enorm viel Zeit damit, den Schaden zu reparieren, der durch solche patronisierenden »Hilfen« der entwickelten Welt entstehe. Die Hilfsorganisationen würden Rechner bringen, symbolische erste Unterstützung leisten und sich dann verdrücken, bevor die Systeme zu streiken beginnen.

Zwar sei Namibia nicht abgeneigt, Second-Hand-Computer zu akzeptieren, aber nur unter langfristig tragbaren Kostenmodellen mit Support für drei bis fünf Jahre. Besonders hart geht er mit der Windows-Software ins Gericht: Der »Wunsch« nach Windows 2000 komme entweder direkt von einer »M$FT Person« oder sei eine Selbsttäuschung. Es sei auch nicht korrekt, daß nur wenige GNU/Linux verwenden. Nur 33, meist private, Schulen würden Microsoft-Produkte nutzen, mehr als 340 Schulen dagegen die Linux-Lösung von SchoolNet namens OpenLab. Die Vorteile von OpenLab haben nach seinen Angaben mehr als 200.000 Benutzer überzeugt.

Unter Verwendung der Angaben von Joris Komen verfaßte die LUG Norderstedt daraufhin einen offenen Brief an das Charity Network. Aufgrund verschiedener Publikationen nimmt das Echo auf diese Aktion ständig zu. Die LUG gibt an, inzwischen hunderte von Emails zu dem Projekt erhalten zu haben.

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