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Mo, 28. Januar 2013, 15:00

»Apache Flex hat großes Potential«

Interview mit Gabe Harbs

Gabe Harbs, erfahrener Adobe-Experte und Mitglied der Apache Flex-Gemeinschaft, gibt Einblicke in aktuelle Entwicklungen und zukünftige Richtungen von Apache Flex.

Apache Flex

Apache Flex, ehemals Adobe Flex, erreichte kürzlich den Status eines offiziellen Apache-Projekts. Als Apache-Projekt hat sich das Projekt so organisiert, wie es die Apache Software Foundation (ASF) vorgibt. Die ASF geht von der Prämisse aus, dass mehr Fortschritt und Innovation erzielt werden, wenn es keine Hierarchie gibt. Jeder Freiwillige hat dieselben Möglichkeiten, Code beizutragen, auf der Mailingliste mitzudiskutieren und dort auszuhelfen, wo es seinen Neigungen oder Erfordernissen entspricht. Niemand erteilt Anweisungen an andere.

Apache Flex ist ein Entwicklungs-Framework, mit dem sich plattformunabhängige Anwendungen entwickeln lassen, die im Adobe Flash Player oder in Adobe Air ablaufen. Ursprünglich war Flex unter dem Namen Flex SDK ein Adobe-Produkt. Das Flex SDK selbst stand zwar schon geraumer Zeit unter einer Open-Source-Lizenz, der MPL, nach wie vor werden jedoch auch Komponenten, die nicht unter freien Lizenzen stehen, benötigt. Das macht derzeit den Einsatz unter Linux unmöglich, und auch für die entwickelten Anwendungen ist Linux nicht die primäre Plattform, obwohl der Flash Player und ältere Versionen von Adobe Air zur Verfügung stehen. Dagegen gehört Android zu den unterstützten Plattformen.

Dank der Initiative von Scott Guthmann, Verkaufs- und Marketingleiter bei On3 Inc. in Denver, Colorado, hatte Pro-Linux Gelegenheit, mit einem Mitglied der Apache Flex-Gemeinschaft ein Interview zu führen. Unser Gesprächspartner war Gabe Harbs, ein Experte und Anwender von Adobe-Produkten seit 15 Jahren. Er ist an den beiden Firmen in-tools.com aus New York und printui.com aus Santa Cruz, Kalifornien, beteiligt, sofern wir die vorliegenden Angaben richtig interpretiert haben. Beide Firmen verkaufen und unterstützen hauptsächlich Adobe-Produkte. Gabe Harbs repräsentiert zur Zeit beide Firmen in Israel.

Das nun folgende Interview soll einem typischen Problem offener Projekte abhelfen, das von Scott Guthmann so formuliert wurde: Es ist leicht, Einblicke in den aktuellen Status zu erhalten, aber wenig wird über die aktuellen Arbeiten und die Zukunftspläne des Projekts publik.

Pro-Linux (PL): Herr Harbs, Sie sind auf der Projektseite zur Zeit nicht als Beitragender zu Flex aufgeführt. Was ist Ihre Rolle im Projekt, und sehen Sie sich als Mitglied des Projekts?

Gabe Harbs (GH): Ich denke, dass es keine offiziellen »Mitglieder« des Projekts gibt. Apache Flex (und ebenso alle Apache-Projekte) bezeichnet man besser als eine Gemeinschaft. In dieser ist man Mitglied, wenn man sich beteiligt. Ich verfolge die Diskussionen über Apache Flex und steuere meine Gedanken dazu bei, wo es sinnvoll ist. Committer [die Entwickler, die Änderungen einbringen können] erhalten ihren Status, indem sie mehr Beiträge leisten. Sie werden von den vorhandenen Committern auf der Basis der Qualität ihrer Beiträge ernannt. Meine eigenen Beiträge waren bisher noch nicht bedeutend genug für diesen Status.

PL: Flex war schon Open Source, bevor Adobe es an die ASF übergab. Was waren, abgesehen von dem neuen Eigentümer, die wichtigsten Änderungen seit diesem Schritt?

GH: Flex war Open Source, aber Beiträge der Gemeinschaft waren extrem schwierig einzubringen. Das Projekt wurde vollständig von Adobe kontrolliert, und nur Adobe konnte Fehler beheben. Zudem lag es auch vollständig in der Hand von Adobe, neue Komponenten und Features einzuführen. Das bedeutete, dass die Gemeinschaft keinen Einfluss auf die künftige Ausrichtung hatte.

Jetzt wird das gesamte Projekt von der Gemeinschaft betrieben. Sprichwörtlich jeder kann etwas beitragen und sich damit dort kratzen, wo es ihn juckt. Zusätzlich kann jeder ein Committer werden, wenn er genug beiträgt, so dass nun alles weitere in den Händen der Leute liegt, denen Flex etwas bedeutet. Die Entwicklungsgeschwindigkeit und die Menge von Innovationen in Flex ist rasant gestiegen, seit die Übergabe an die ASF abgeschlossen ist. Es gab bereits zwei neue Versionen. Neue Komponenten wurden hinzugefügt. Es stoßen ständig neue Leute zu Apache Flex hinzu. Es wurden ernsthafte Anstrengungen begonnen, Apache Flex zukunftssicher zu machen. Es besteht nicht nur ein, sondern drei (!) verschiedene Initiativen, Flex-Anwendungen nach Javascript zu compilieren. Das Erstellen von nativen Browser-Anwendungen mit Flex wird bald Realität sein. Zudem gibt es Entwürfe, diese Initiativen zu erweitern und echte native Apps zu produzieren, die weder auf HTML noch auf die AIR-Laufzeitumgebung angewiesen sind.

PL: Wie wirken sich die Änderungen auf Ihr Geschäft aus?

GH: Verschiedene Teile meiner Unternehmen sind sehr stark an Flex gebunden. Die künftige Nutzbarkeit von Flex war für mich daher von großer Wichtigkeit. Ich glaube, die Übergabe an Apache hat enormen Einfluss darauf, dass sichergestellt werden kann, dass Flex eine große Zukunft hat - nicht nur in seiner gegenwärtigen Form, sondern auch als eine Technologie, die sich an die künftigen Entwicklungen der Technologie anpassen kann.

PL: Apache Flex ist offenbar ein sehr großes Projekt. Es gab bereits größere Code-Beiträge wie Falcon-JS und Komponenten von Bogdan, und weitere könnten hinzukommen. Gibt es weiteren Code und andere Beiträge, die an Apache Flex übergeben, aber noch nicht veröffentlicht wurden?

GH: Die Bogdan-Komponenten sind meines Wissens noch nicht offiziell veröffentlicht. Auch der Falcon-Compiler ist noch nicht fertig. Der MXML-Teil des Compilers ist noch in Arbeit, darum kümmert sich Gordon Smith gerade.

PL: Gibt es Code, Test-Artefakte, Dokumentation, Referenzanwendungen oder Code-Beispiele, die in nächster Zeit zum Projekt beigetragen werden könnten?

GH: Klar. Da gibt es vieles. Es gibt eine enorme Menge von Entwickler-Ressourcen, einschließlich Dokumentation und Referenzanwendungen, die Adobe bisher nicht beigetragen hat. Aber daran wird im Moment gearbeitet. Daniel Freeman arbeitet an schlanken Mobil-Komponenten einschließlich solchen mit 3D-Rendering, die wahrscheinlich an das Projekt übergeben werden. Frank Wienberg von Jangaroo hat eine Menge Code, den er beitragen könnte, und es sieht danach aus, als wäre es bald soweit. Ständig kommen weitere Beiträge hinzu.

PL: Glauben Sie, dass Flex noch eine große Zukunft hat, nachdem Adobe sich von Flash zurückgezogen und seinen Schwerpunkt auf HTML gelegt hat? Ist Flex ein Projekt, um Legacy-Anwendungen lauffähig zu halten, oder ermutigt es auch neue Entwicklungen? Ist es eng mit Flash verwoben oder kann es (vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt) ohne Flash auskommen?

GH: Eine Sache, die die Leute anscheinend vergessen, ist, dass Flex nicht nur »Flash« ist. Flex kann ebenso AIR-Apps compilieren. Die Verwendung von Flash in Browser-Apps ist abnehmend,, AIR-Apps dagegen sind eine sehr gangbare Option für eine Anzahl von Geräten, und es sieht so aus, als bliebe das für die absehbare Zukunft so. Zusätzlich ist die Möglichkeit, Flex in JavaScript, HTML oder native Technologien zu compilieren, extrem vielversprechend.

Adobe versuchte, Flex als eine Technologie herauszustellen, bei der man Code einmal schreibt und überall unverändert einsetzen kann. Dieses Ziel haben sie nicht ganz erreicht. Aber immerhin brachten sie es dazu, dass der einmal geschriebene Code auf vielen Plattformen einsetzbar war. Apache Flex besitzt das Potential, den Traum vollständig zu erfüllen.

PL: Derzeit hängt Flex von proprietärer Software ab, die nicht für Linux verfügbar ist. Daher ist es vermutlich unter Linux ohne Nutzen, obwohl es prinzipiell lauffähig wäre. Ist das korrekt oder sehen Sie Anwendungen für Flex unter Linux? Sehen Sie Möglichkeiten, die Abhängigkeiten von proprietärer Software zu beseitigen?

GH: Ich benutze kein Linux und bin daher nicht der beste Ansprechpartner für diese Fragen. Was ich aber sagen kann, ist, dass es jetzt, da Flex ein Gemeinschaftsprojekt ist, viel mehr Potential für Linux gibt. Es gibt keinen Grund, warum nicht jemand das Problem des Compilierens für Linux angehen könnte - besonders, da sowieso schon Arbeiten im Gange sind, Flex nach JavaScript zu compilieren.

PL: Vielen Dank für Ihre Einsichten in das Projekt!

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