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Mi, 25. Juni 2003, 00:00

Die geplante Einführung von Software-Patenten und ihre Auswirkungen

Software-Patente sind illegal

In Europa sind derzeit, anders als in den USA, Patente auf Programme, Ideen und Geschäftsmodelle noch illegal. Bedauerlicherweise hat das Europäische Patentamt, eine zwischenstaatliche Organisation ohne demokratische Kontrolle (es ist keine Organisation der EU), dennoch seit mindestens 1986 solche Patente vergeben. Daher meint der FFII, das EPA sei eine Brutstätte mißbräuchlicher und gesetzeswidriger Praktiken geworden. Nur vereinzelt sind in Deutschland Patente auf Programme und Geschäftsmethoden als gültig anerkannt worden. Dafür waren in der Regel Entscheidungen des BGH oder des Bundespatentgerichts notwendig, die leider nicht konsistent sind und vielfach auch dem Geist der ursprünglichen Patent-Richtlinien zuwider laufen. Die Zahl der Softwarepatente ist in den letzten Jahren sprunghaft gestiegen und liegt nun bei mindestens 30.000. Diese "Patentinflation" ist ein eigenes Problemfeld geworden, das später noch zu betrachten sein wird. Im Prinzip ist es unabhängig von der Frage der Software-Patente, wie auch die Frage des Patent-Mißbrauchs unabhängig davon ist. Da wegen der Patentinflation praktisch keine Prüfung eines eingereichten Patents mehr stattfindet, befinden sich darunter zahlreiche mißbräuchliche Patente, die irgendwelche Trivialitäten patentieren - selbst den »Fortschrittsbalken« und andere Dinge, die jeder Schüler in fünf Minuten entwerfen kann. Beispiele für solche Patente sammelt u.a. der FFII. Ob das Patentamt die Patente kaum prüft, weil es mit jedem Patentantrag Geld verdient, oder weil die Annahme eines Patentes mit weniger Kosten verbunden ist als die Ablehnung, die möglicherweise ein Einspruchsverfahren nach sich zieht, ist nicht mit Sicherheit zu sagen.

Patentanträge sollten gründlich geprüft werden, um zweifelhafte und ungerechtfertigte Ansprüche auszuschließen. Die Praxis sieht jedoch anders aus. Je mehr Patente das Gesetz zuläßt, desto mehr Patentanträge gibt es, desto weniger Zeit bleibt für die Prüfung jedes einzelnen. Es werden Patente erteilt, nur um den Aufwand des möglichen Einspruchsverfahrens zu vermeiden. Wenn ein Verfahren vor Gericht geht, sieht es mit dem Wissensstand der Richter noch schlechter aus als mit dem der Patentämter. Inkonsistente Urteile sind die Folge (Bakels, S. 25).

Die Patente des EPO sind keine Patente der EU. Ein "Gemeinschaftspatent" ist erst in Planung. Deshalb ist es in der EU relativ teuer, ein Patent anzumelden - was aber keineswegs die Patentinflation verhindert hat.

Die Akteure

Das Europäische Patentamt (EPA, EPO) ist keine Organisation der EU. Es bestimmt seit den 80er Jahren de fakto selbst, welchen Richtlinien es folgt (Bakels, S. 24). Es finanziert sich aus den Patenterteilungen und ist daher daran interessiert, möglichst viele Patente zu erteilen.

Eine der wichtigsten Organisationen, die die Bedenken gegen Software-Patente formulieren, ist der Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur e.V. (FFII), auf dessen Webseiten es ein umfangreiches Archiv von Materialien gibt, darunter Studien und Analysen. Der FFII wird unterstützt von SuSE, dem Center for the Public Domain, einigen kleineren Firmen und Privatpersonen. Der FFII ist Mitglied der Eurolinux-Allianz, wobei es auch personelle Überschneidungen gibt. Die Domain eurolinux.org verweist auf die Seiten des FFII.

Multinationale Unternehmen setzen sich meist vehement für Softwarepatente ein, teilweise aber nur als Waffe, um vor den Patentansprüchen anderer geschützt zu sein. Sie beeinflussen und unterwandern die Gesetzgebung. Letzten Endes ist aber nicht so sicher, ob sie von den Patenten wirklich profitieren. Beispiel IBM: Die Firma erzielt geschätzte 1,6 Mrd. Dollar Einnahmen jährlich aus Software-Patenten, ist aber auch Zielscheibe von professionellen Erpressern, die Patente erworben haben und dann andere Firmen mit Klagen überziehen. Selbst Firmen, die eine Vielzahl von Patenten halten, beklagen sich über die bremsende Wirkung der Patentflut und zweifeln daran, daß Patente dem Fortschritt förderlich sind.

Hochschulen und Forschungs-Einrichtungen: Die Fraunhofer-Gesellschaft ist einer der Vorreiter für Software-Patente (MP3). Das Präsidium der Gesellschaft für Informatik (GI) hat sich - gegen die Ansichten der meisten Mitglieder - für Software-Patente ausgesprochen. Technologie-Transferstellen der Hochschulen verhindern mit Patenten das Verbreiten von Wissen, anstatt es zu fördern. Da deren Arbeit von Steuergeldern finanziert ist, sollten die Resultate auch allen zur Verfügung stehen. Stattdessen wird die Bürokratisierung gefördert und eine zweitklassige Konkurrenz zu industrieller Forschung geschaffen.

Generell scheinen alle Unternehmen und Organisationen, in denen Patentanwälte (zuviel) Einfluß haben, Software-Patente zu befürworten, während die meisten tatsächlichen Innovatoren sie ablehnen.

Das Europaparlament könnte Software-Patente verhindern. Der Rechtsausschuß (JURI) mit Arlene McCarty als Berichterstatterin macht jedoch Druck für die Zulassung von Software-Patenten. McCarthy behauptet immer wieder, gegen eine Ausweitung der Zulässigkeit von Software-Patenten zu sein, aber wehrt sich gegen eine Regelung, die Software-Patente grundsätzlich ausschließt.

Der derzeitige Stand außerhalb der EU

Der derzeitige Stand in den USA

In den USA sind Software-Patente seit 1981 möglich, was durch ein höchstrichterliches Urteil entschieden wurde ( http://www.researchoninnovation.org/swpat.pdf, S. 2). In der Folge wurden alle Einschränkungen immer mehr aufgeweicht, bis 1996 die neuen Prüfungs-Richtlinien des Patentamtes Software-Patente uneingeschränkt erlaubten. Patentierbar ist nun alles, was neu und nicht offensichtlich ist. Seither werden pro Jahr in den USA über 20.000 Software-Patente erteilt, was einem Anteil von 15% aller Patente entspricht. Software- Patente werden im Vergleich zu anderen Patenten öfter an Firmen, besonders große US-Firmen, vergeben als an Einzelpersonen. Die meisten davon werden nicht von Software-Firmen, sondern von Produktionsbetrieben gehalten.

Der derzeitige Stand in Japan

Auch in Japan gibt es kaum Grenzen der Patentierbarkeit, da hier fast nur die Regeln des Patentamtes relevant sind. So ist es wohl nicht verwunderlich, daß japanische Firmen auch in den USA einen großen Anteil an Software-Patenten haben: Rund 18%, weit mehr als Deutschland (3%) und alle anderen Staaten außer den USA.

Die internationale Vertragslage

Die Frage, ob in Europa Softwarepatente zugelassen werden müssen, weil sie anderswo, speziell in den USA zugelassen sind, muß verneint werden. Mehr noch, diese Länder geben ein herausragendes Beispiel dafür ab, wie man es nicht machen sollte. Wenn europäische Firmen in den USA mit US- Firmen konkurrieren wollen, können oder müssen sie dort Patente anmelden. Dies hat keine Auswirkungen auf die Notwendigkeit, dies auch in Europa zu tun (Bakels, S. 14).

Aus wirtschaftlicher Sicht müßten Patente eher allgemein abgeschafft als Software-Patente ermöglicht werden. Doch das ist nicht einfach, da zwei internationale Verträge festlegen, daß jeder unterzeichnende Staat Patente erteilen muß.

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