Login
Newsletter
Werbung

So, 20. November 2005, 00:00

Ubuntu 5.10

Live-CD

Die separat herunterladbare 650 MB große Live-CD bootet ein Ubuntu-System zum Kennenlernen und Ausprobieren, das auf den ersten Blick nicht von einem normal installierten Ubuntu zu unterscheiden ist. Um sie optimal zu nutzen, sollte der verwendete PC einen Netzwerkanschluß besitzen. Ansonsten funktionieren Dienste wie NTP und das Englisch-Wörterbuch nicht.

Die CD bootet nicht automatisch, sondern fragt wie bei einer Installation zunächst Sprache, Tastatur und Land ab. Im weiteren Verlauf des Bootprozesses wird auch noch nach den gewünschten Auflösungen für den X-Server gefragt. Dies erscheint mir unnötig, da die Information vom BIOS oder gar vom Display abgefragt werden kann. Es mag aber sein, daß zuviele Geräte fehlerhafte Informationen liefern.

Die CD bootete bei mir einwandfrei. Geräte wurden erkannt. Das Starten von Anwendungen dauert allerdings, im Falle von OpenOffice.org kann man getrost einen Kaffee holen gehen. Meine grobe Messung auf dem nicht gerade langsamen Notebook ergab rund 80 Sekunden Startzeit. Nach Beenden und Neustart von OpenOffice.org aus dem Cache war es dafür unmittelbar da. Viel RAM hilft also :-) Sind die Applikationen geladen, laufen sie aber durchaus mit normaler Geschwindigkeit.

Beim Beenden der Live-Distribution wird auf die Konsole zurückgewechselt, und ein Prompt fordert dazu auf, die CD zu entnehmen und ENTER zu drücken.

Wie auch bei der normalen CD enthält die Live-CD keine vollständige Unterstützung der ausgewählten Landessprache. Das bedeutet, daß einige Texte und Dialoge in Englisch erscheinen. Leider dürfte es bei der Live-CD keinen Sinn machen, die Sprachunterstützung nachzuinstallieren. Beim nächsten Booten müßte man das Spielchen von vorne beginnen. Abhilfe dürfte nur eine angepaßte CD schaffen.

Das herausragende Feature der Live-CD ist aber, wie oben bereits angedeutet, ihre Langsamkeit. Auch die Ubuntu-Entwickler haben das erkannt und wollten bereits für Breezy eine neue Live-CD auf Basis von SquashFS und UnionFS erstellen, doch wurde das aus Zeitgründen wohl auf die nächste Version verschoben. Bis dahin muß man sich damit abfinden, daß der Start eben etwas länger dauert. Für Schulungen etc. ist die CD durchaus einsetzbar. Eine Möglichkeit, einen USB-Stick oder andere Medien als Home-Verzeichnis zu mounten, gibt es offenbar im Gegensatz zu anderen Live-CDs nicht. Oder sagen wir, es gibt in der GUI keine Möglichkeit dafür. Durch ein paar Befehle auf der Kommandozeile dürfte es machbar sein.

Die Langsamkeit wird auch dadurch mit verursacht, daß DMA beim CD-Laufwerk nicht aktiviert ist, da es bei manchen (vereinzelten) Systemen Probleme verursacht. In Zukunft wird es auf jeden Fall eingeschaltet sein, bei Problemen muß man es eben mit einer Kerneloption abschalten können. Leider bringt auch das Einschalten von DMA nur etwa 10% Geschwindigkeitsgewinn.

Upgrade

Das Upgrade von Version 5.04 auf 5.10 geht problemlos vor sich. Getestet habe ich das Upgrade übers Netz, und zwar einmal die Server-Variante und einmal die volle Installation eines Hoary-Systems.

Beim Upgrade übers Netz ersetzt man einfach in der Datei /etc/apt/sources.list die Bezeichnung hoary durch breezy. Ein apt-get update; apt-get dist-upgrade ersetzt den Großteil der installierten Pakete durch neue Versionen. Selbst der Kernel wird aktualisiert, was bei Debian nicht passieren würde. Nur wenige Pakete (ca. 20%) bleiben unangetastet. Nach einem Neustart meldet sich das System korrekt mit

Ubuntu 5.10 "Breezy Badger" ubuntu tty1

Übrigens wird nur ein Upgrade von der unmittelbaren Vorgängerversion unterstützt. Wer zu lange wartet, muß in mehreren Schritten upgraden.

Ausblick

Ubuntu 6.04, Dapper Drake, wird im April 2006 erscheinen. Für diese Version ist mit einigen Neuerungen zu rechnen, die deutlich angekündigt, daß 6.04 für einige Unternehmensanwendungen zertifiziert und für fünf Jahre unterstützt wird. Damit stellt es sich neben die professionellen Angebote von Red Hat und Novell und könnte das werden, was das begrabene Projekt Userlinux einmal werden wollte.

Auch das Problem der Live-CD soll angegangen werden. Es wird nur noch eine CD geben, die sowohl als Installations- als auch als Live-CD dient. Die Pakete von 6.04, so wie sie versandt werden, werden nicht mehr getrennte Installations- und Live-CDs enthalten, sondern neben der Ubuntu-CD auch die nach dem gleichen Muster gestrickte Kubuntu-CD.

Wahrscheinlich dürfen wir uns bis dahin auch über X.org 7.0 freuen, und daß GNOME 2.14, KDE 3.5 und Firefox 1.5 oder neuer mit dabei sind, dürfte klar sein.

Fazit

Der Test konnte natürlich bei weitem nicht so umfassend sein, wie wir es gerne hätten. Eine Distribution hat so viel zu bieten, daß man sich auf einige wichtige Aspekte konzentrieren muß. So mußte z.B. die eingebaute Thin-Client-Funktionalität ebenso unter den Tisch fallen wie der Test von Serverdiensten, die standardmäßig nicht installiert werden. Und sicher fehlt noch vieles weitere.

Ubuntu 5.10 bringt keine revolutionären Änderungen gegenüber dem Vorgänger Hoary. Vielmehr wurde das Vorhandene perfektioniert, optisch und von der Bedienung her aufgewertet und poliert. Ferner wurde die Software aktualisiert, wenn auch meist nur mit kleinen Versionsänderungen. Die größten Änderungen waren hierbei wohl der Umstieg auf GCC 4.0 und OpenOffice 2. Ersteres wird von normalen Benutzern ohnehin nicht wahrgenommen und letzteres ist in jeder Hinsicht eine Verbesserung, ohne die Kompatibilität zu brechen. Ein Upgrade der Distribution ist offenbar weitgehend problemlos. Dabei ist keine Eile notwendig, da jedes Release 18 Monate mit Sicherheitsupdates unterstützt wird. Angesichts des halbjährigen Release-Zyklus ist aber dennoch zu empfehlen, mit dem Upgrade nicht zu lange zu warten.

Summa Summarum kann ich Ubuntu 5.10 jedem Interessierten empfehlen. Wenn meine Rechner nicht bereits mit Slackware oder Debian liefen, wäre Ubuntu wohl meine erste Wahl. Für einen Umstieg auf Ubuntu sehe ich zwar im Moment keine Notwendigkeit, schließe ihn aber nicht ganz aus. Immerhin betreue ich bereits Rechner mit Ubuntu und betreibe auch Entwicklung auf einem solchen.

Meine Erfahrungen möchte ich noch einmal in ein paar Stichworten zusammenfassen:

Plus:

  • Benutzerfreundlich
  • Aktuell
  • Sicher
  • Stabil
  • Frei

Minus:

  • Ohne Internet nur eingeschränkt nutzbar
  • Multimedia-Unterstützung schwach
  • Live-CD sehr langsam

  • Dieses Werk wurde unter der Commons Attribution-Share Alike Lizenz veröffentlicht. Kopieren, Verbreiten und/oder Modifizieren ist erlaubt unter den Bedingungen der Commons Attribution-Share Alike, veröffentlicht von der Creative Commons.

    - Weitere Informationen
Kommentare (Insgesamt: 0 )
Pro-Linux
Pro-Linux @Facebook
Neue Nachrichten
Werbung