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Mi, 1. Oktober 2003, 00:00

Demonstration gegen die Legalisierung von Softwarepatenten

Vorwort

Stephan Uhlmann

Nachdem die Abstimmung zur neuen Richtlinie "über die Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen" (Softwarepatente) im Europäischen Parlament auf den 24. September verschoben wurde, riß die Welle der Proteste nicht ab. In der Woche vom 17. bis 23. September wurden in vielen europäischen Städten Protestaktionen gegen die Einführung von Softwarepatenten organisiert. So fand auch am Montag, den 22. September, um 13:00 Uhr eine Demonstration vor dem Europäischen Patentamt Berlin in der Gitschiner Straße 103 statt, an der sich an die hundert Leute beteiligten.

Verlauf der Demonstration

Stephan Uhlmann

Pünktlich um 13:00 Uhr ging es los. Ein Infostand wurde aufgebaut, an dem sich Interessierte über die Problematik informieren konnten, Handzettel wurden verteilt, ein Transparent aufgespannt. Die Teilnehmer diskutierten angeregt auf der Straße.

Gegen 13:30 Uhr kamen zwei Mitarbeiter des Patentamtes zu den Demonstranten, ließen sich jedoch nicht auf Diskussionen ein und konnten bzw. durften sich zu keiner Stellungnahme durchringen.

Kurz nach 14:00 Uhr wurde das Lied "Die Gedanken sind frei" und die entsprechend der zur Abstimmung stehenden Richtlinie umgetextete Version "Die Gedanken sind patentiert" gesungen.

Die Aktion verlief durchgehend friedlich und war um 15:00 Uhr beendet.

Worum geht es?

Stephan Uhlmann

Das Europäische Patentamt (EPA) hat im Widerspruch zum Buchstaben und Geist des derzeit geltenden Gesetzes zehntausende von Patenten auf Programm- und Geschäftslogik erteilt, die wir im folgenden Logikpatente oder Softwarepatente nennen.

Die Europäische Kommission (EUK) drängt darauf, diese Patente zu legalisieren und in ganz Europa durchsetzbar zu machen. Dabei mißachtet sie den deutlichen Willen und die wohlbegründeten Argumente der großen Mehrheit von Software-Fachleuten, Software-Firmen, Informatikern und Wirtschaftswissenschaftlern.

Softwarepatente konkurrieren mit dem Software-Urheberrecht und führen eher zu einer Enteignung von Software-Autoren als zu einem Schutz für deren Investitionen. Unter zahlreichen einschlägigen wirtschaftswissenschaftlichen Studien gibt es keine, die behauptet, Softwarepatente würden Positives zur Produktivität, Innovation oder Wissensverbreitung beitragen oder in sonstiger Weise der Volkswirtschaft zu Gute kommen.

Ein Thema, was vor kurzem nur wenige Computerspezialisten beschäftigt hat, kommt in die Medien. Viele Gruppen werden für das Thema sensibilisiert, und entdecken die Brisanz darin. Insbesondere Forscher und kleinere Unternehmen sehen sich in ihrer Existenz bedroht.

Der Berliner Spezialist für Multimediasoftware MAGIX bringt genau das zum Ausdruck, was die Gegner von Softwarepatenten seit Jahren predigen: Die Richtlinie zeigt die "unverhohlene Interessenpolitik von Patentanwälten und anderen Vertretern des Patentwesens"; eine "juristisch fragwürdige und gesamtwirtschaftlich schädliche Veränderung der Gesetzeslage" soll hier durchgesetzt werden.

Stephan Uhlmann

Doch Softwarepatente betreffen viele Branchen und Bereiche der Gesellschaft. Sogar der Staat selber wäre betroffen. Mit dem Patent EP0328232 hält eine Firma aus Florida das Patent auf ein Verfahren zur Signaturprüfung mittels einer Hierarchie von Zertifikaten. Genau dieses Verfahren ist aber durch das Signatur-Gesetz (SigG) für die sogenannte "qualifizierte digitale Signatur" zwingend vorgeschrieben. "Jede gesetzeskonforme digitale Signatur wäre eine Patentverletzung bzw. lizenzkostenpflichtig [...]. Die gesamte deutsche Verwaltung würde sich erpreßbar machen.", befürchtet ein Mitarbeiter einer Berliner Firma, die kommunale e-Government-Software programmiert.

Immer mehr Unternehmen sprechen sich gegen Softwarepatente aus, zum Beispiel auch der größte deutsche Internet-Dienstleister 1&1. Wirtschaftsverbände drücken ebenfalls Sorge um ihre Mitglieder aus. Eine Allianz von CEA-PME, CEDI und ESBA - drei Wirtschaftsverbände, die insgesamt über zwei Millionen kleine und mittelgroße Betriebe aus ganz Europa repräsentieren - haben kürzlich gemeinsam eine Erklärung abgegeben, welche Softwarepatente allgemein und den aktuellen Richtlinienentwurf speziell scharf kritisiert und abgelehnt.

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