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Fr, 4. Juli 2003, 09:19

Software

Auseinandersetzung um freie Software erreicht Höhepunkt

Die Auseinandersetzung zwischen Befürwortern freier Software und ihren Gegnern, allen voran Microsoft, wird in den letzten Wochen so intensiv geführt wie nie zuvor.

Kaum ein Tag vergeht, ohne daß eine Verlautbarung von der einen Seite von der anderen Seite gekontert wird. Über diese Dispute wird allmählich gar die Klage von SCO gegen IBM in den Hintergrund gedrängt.

Jüngstes Beispiel ist die Studie »Rechtsfragen der Open Source Software«, die vom Verband der Softwareindustrie (VSI) und damit wesentlich auch von Microsoft finanziert wurde. Vertreter der freien Software haben in der Studie so zahlreiche Fehler gefunden, daß man sich fragen muß, wie dies möglich war.

Am Tag zuvor hatte der Linux-Verband LIVE die Aussage von Microsoft-Gründer Bill-Gates gekontert, daß er Open Source langfristig über den Preis schlagen werde. »Wir schlagen Microsoft schon kurzfristig über die Qualität« verkündete der Verband. Angesichts der bisher vorliegenden Erfahrungen darf man stillschweigend hinzufügen: »... und über den Preis sowieso jederzeit«.

Vor kurzem hatte die Münchener Stadtverwaltung bekanntlich entschieden, komplett auf Linux umzusteigen (ein Teil der Studie, die die Entscheidung beeinflußte, steht nun zum Download bereit). Microsoft hat auch hierzu wieder einen Kommentar abgegeben, dessen Qualität allerdings in starker Konkurrenz mit der VSI-Studie steht. Nichts Neues also.

Nach dem »Verlust von München« konnte sich Microsoft immerhin mit dem Abschluß eines Rahmenvertrages mit der Stadt Frankfurt revanchieren, auch wenn dieser weniger konkret sein dürfte als die Münchener Umstellung von 14.000 Rechnern. Dazu konnte das Unternehmen auch die Städte Riga (Hauptstadt von Lettland) und die finnische Stadt Turku »gewinnen«, jeweils gegen angeblich starke Linux-Konkurrenz. Doch die Linux-Fraktion kann auch dies überbieten: Die texanische Großstadt Austin erwägt den Umstieg auf Linux. Vielleicht nicht komplett, aber überall, wo es Sinn macht. Und ganz aktuell: Die Stadtverwaltung von Wien erwägt ebenfalls den Umstieg auf freie Software. Dies fordern zumindest die Grünen im Stadtrat der Metropole, deren Server längst unter Linux laufen. Es könnte kaum einen günstigeren Zeitpunkt für die Umstellung geben, da Mitte 2004 die Microsoft-Lizenzen für die 10.000 Rechner der Stadt auslaufen.

Auf Länderebene herrscht das gleiche Bild vor. Jüngstes Beispiel ist Brasilien: Brasilien will binnen drei Jahren achtzig Prozent seiner Rechner auf Linux umstellen. International hört man auch immer wieder das Argument, der Verzicht auf Microsoft stärke die lokale Software-Industrie. Microsoft behauptet natürlich das Gegenteil.

Einen Fuß in der Tür hat Microsoft noch bei den Software-Patenten. Das Europäische Parlament soll am 1. September 2003 über eine Direktive abstimmen, die weitgehend aus der Feder der BSA und damit von Microsoft stammt und Patente auf Software, Ideen und Geschäftsmodelle uneingeschränkt ermöglichen würde - im Gegensatz zu den offiziellen Beteuerungen, Klarheit zu schaffen und Patente auf Software »als solche« nicht zuzulassen. Ein Patent ist ein zwanzigjähriges Monopol, gegen das es kaum eine rechtliche Handhabe mehr gibt, wenn es erst einmal vor Gericht als gültig anerkannt wurde. Was Microsoft davon hätte, ist klar. Mit Copyright allein kann man keinen Konkurrenten davon abhalten, ein ähnliches, aber besseres Produkt auf den Markt zu bringen. Mit Patenten hingegen kann man jede Konkurrenz ausschalten. Es liegt allein am Patentinhaber, ob und zu welchem Preis er Lizenzen anbietet.

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