Ich habe im letzten Jahr viele Vortrage zum Thema Softwarepatente gehört. Es war sehr ausgewogenes zwischen Pro- und Contra-Softwarepatente. Leider musste ich feststellen, dass die meissten Fakten, die bei den Pro-Softwarepatente-Vorträgen, aufgegriffen wurden einfach nichts mit der Realität zutun haben. Vielerorts wurde zum Beispiel ABS und Co. aufgezählt, aber komplett vergessen was sich bisher in ähnlichen Patentsystemen oder auf dem europäischen Patentamt abgespielt habe.
Hoffentlich haben sie jeden angeschrieben, damit sie sich mit der Thematik auch wirklich konfrontiert fühlen. Ich habe wirklich keine Lust verklagt zu werden, da ich einem Kunden einen angepassten Browser spendiere.....
Das ABS patentiert ist, halte ich für richtig, denn das ist ein "richtiges" Patent im ursprünglichen Sinne des Wortes. Denn im Gegensatz zur Überzeugung vieler dienen zwar ein Stapel Bewegungsgleichungen als Vorlage, die eigentliche Implementation ist aber nicht in Software sondern aus Geschwindigkeits- und Fehlertoleranzgründen in Form relativ weniger Schaltungen auf zwei Steuerchips untergebracht. Deren Aufbau ist völlig zu Recht patentiert, denn es hindert niemanden daran, ABS anders zu bauen. Ein Patent auf ABS als solches (also den erzielten Effekt) gibt es zwar auch, aber das ist (noch) unwirksam und gehört einer Anwaltskanzlei. Können sich die Anwälte... ähm die Kommission durchsetzen, müssen alle Hersteller von ABS-Systemen (die sie SELBST entwickeln haben!) dafür Patentgebühren zahlen oder die Produktion einstellen. Um ganz ehrlich zu sein, erschließt sich mir da irgendwie nicht der Sinn des Ganzen, denn nicht Erfindungen sondern das Finden Lösungen anderer wird geschützt. Aber naja, ich bin kein Anwalt.
Ein Änderungsvorschlag des EU-Parlaments fordert als Kriterium für ein Patent, dass eine Wirkung auf pysikalische Grundkräfte (Wärme, Bewegung, usw.) erfolgen muss. Mit dieser Definition kann man leben, denke ich.
Und was passiert in einem Computer, bewegen sich da denn keine Elektronen, die über ein System gesteuert Funktionen auslösen? Was ist wenn das Programm Hardcodiert ein wichtiges Element einer Schaltung ist? (z.B. das ROM auf einem PC)
Jedes Programm kann, zumindest theoretisch, mit einer diskreten Schaltung realisiert werden und jede Steuerschaltung kann durch ein Programm realisert werden. Konsequenter weise sollte alles was auch durch ein Computerprogramm lösbar ist vom Patentrecht ausgenommen werden. Die Definition anders herum über die "physikalische Wirkung" ist mir zu ungenau.
Und das ist auch absolut gut so. Das Computerprogramm ist durch das Urheberrecht völlig ausreichend vor Nachahmung geschützt.
Auch die Schaltung sollte nur dann patentierbar sein, wenn sie ein nichttriviales und grundlegend neues Schaltungsprinzip verwendet und nicht, wenn sie eine bloße Detailabwandlung längst bekannter Systeme ist. Schon gar nicht sollte die Verwendung der Schaltung für einen konkreten Einsatzzweck patentierbar sein.
Von Manfred Tremmel am Do, 19. Mai 2005 um 11:41 #
Und genau das ist Auslegungssache, die einfach genauer spezifiziert werden muß. Wenn ich was auf die Festplatte speichere, wird auch physikalische Grundkräfte eingewirkt (rotation der Scheiben, Bewegung des Schreib-/Lesekopfs), ebenso bei Ausgabe auf den Bildschirm (Licht ist ja auch eine physikalische Grundkraft) oder Drucker. Es hängt also entweder von weiteren Regelungen oder der Einstellung des Beamten im Patentamt ab, das kann es IMHO nicht sein.
Wir haben zwei Möglichkeiten: a) Tehcnizität definieren und da haben wir eine beliebte Definition aus den Patentlehrbüchern. die Nutzung beherrschbarer Naturkräfte zur Erreichung eines kausal übersehbaren Erfolges. b) Tehcnizität ins beliebige aufweichen, dann können wir sie auch gleich streichen
Dummerweise ist das Patent auf ABS absolut kein Softwarepatent. ABS wurde ursprünglich in der Luftfahrtindustrie entwickelt, und zwar als vollmechanisches System ohne jegliche Softwarekomponenten.
Fände ich natürlich Klasse, wenn man mit einem Vertreter des EU-Rats oder Parlaments zusammen sitzt und über das neue Webdesign redet. Die Hälfte der Antworten meines imaginären Ichs: "Tut mir Leid, aber darauf gibt es in der Patent"
Kann hier mal jemand ein (echtes) Beispiel posten. also link auf EU-Politikerseite und kurze Beschreibung, warum dies durch Patente geschützt ist (bzw. werden könnte).
an. Das ist eine Beispiel Seite eines Webshops und die 20 gängigisten Patente. Ich denke mal die angesprochenen 10 Patente der EU-Parlamentarier Websites sind da auch dabei.
Die meisten der dort angeführten 20 Patente sind auf Webshops bezogen. Und Kompessionstechniken wie mp3 und jpeg halte ich persönlich für erfinderisch weswegen sie meiner Meinung nach auch patentierbar sein sollten. Insofern hilft mir das nicht wirklich weiter.
Ich habe die Gestaltung von Webseiten mit Karteireitern im Jahre 1995 noch nicht mal in Erwägung gezogen. Zu dieser Zeit wurde das von Dir genannte Patent angemeldet.
Du bist bestimmt schon viel früher auf den Trichter gekommen ;-)
Aber um es klarzustellen. Nein, Karteireiter sind für meinen Geschmack nicht technisch genug. Sie dienen lediglich der optischen bzw. funktionellen Gestaltung einer Webseite. Patente sollte es darauf nicht geben.
Hmmm, mal polemisch zurückgefragt: Wenn jemand feststellt, daß "1+1+1+1+1+1" auch kürzer mit "6x1" geschrieben werden kann, wäre Dir das auch ein Patent wert?
Mit Kompressionstechniken berührst du tatsächlich einen SEHR wunden Punkt. Ich denke alle hier stimmen überein, dass Kompressionsalgorithmen eine höchst komplexe Sache sind, daher der Verstand des Algorithmenentwicklers sehr erfinderisch und kreativ tätig sein muß.
Das sind aber Mathematiker auch, der Typ der Fermat's letzte Vermutung beweisen konnte hat dafür 7 Jahre lang höchste geistige Leistungen erbracht, war höchst erfinderisch. Trotzdem kann er die Mathematik die er da entwickelt hat nicht patentieren. Zu Recht, meine ich. Nachdem Kompressionsalgorithmen nicht wirklich erfunden, sondern wie Mathematik ENTDECKT werden (der Algorithmus funktioniert ja schon seit anbeginn der Zeit, er wurde daher nur entdeckt) und außerdem die Hauptanwendung der Kompressionsalgorithmen bei Dateiformaten (die meiner Meinung nach keine Erfindung, sondern eine Definition sind) ist, sind die Auswirkungen einer Patentierbarkeit von Kompressionsalgorithmen verheerend. Führen wir uns nocheinmal vor Augen: Patente sollen von der Allgemeinheit verliehene, zeitlich begrenzte Monopole zur Einbringung von Entwicklungskosten sein, im Gegenzug dafür erhält die Allgemeinheit vom Erfinder das Wissen, das andernfalls geheim geblieben wäre. Im Falle von Medikamentenentwicklung trifft das einigermaßen zu, im Falle von Maschinenbau schon schlechter, aber ich denke die Gesamtbilanz ist immer noch positiv. Im Falle von Software ist die Zeitspanne zu lang und die Patente sind zu breit, Patente auf Teile von Dateiformaten (wie Kompressionsalgorithmen) sind der Gipfel des Ausverkaufs der Interessen der Allgemeinheit. Dabei wird nämlich jener Firma die allein durch die Definition des Dateiformates bereits einen Gewaltigen Vorsprung vor jeder Konkurrenz hat, noch zusätzlich die Macht verliehen, 20 Jahre lang jeden legalen Fremdzugriff auf die Daten zu unterbinden. 20 Jahre!!! Überlegt euch das gut, ob es ein gutes Geschäft für die Allgemeinheit sein kann, jemandem der das Dateiformat auch ohne Patent definieren würde (weil er ja müsste) ein Monopol auf dieses Dateiformat zuzugestehen.
Man kann sich überlegen ob die Software in einer mechatronischen Dieseleinspritzdüse patentierbar sein soll (zur Anwendung in Dieseleinspritzdüsen), aber das würde ich als Grenzfall ansehen. Jede Kombination von Software+Standardcomputer+übliche Peripherie (Maus Tastatur, Drucker, Scanner, Netzwerkkarte, Netzwerk) sollte nicht zu Erteilung von Patenten führen. Und Geschäftsmethodenpatente sollten auch verboten werden. Stellt euch die Preise für Klopapier vor, wenn jemand ein Patent auf "Verkauf von Klopapier in Geschäften" hätte. Und solche Patente gibt es im elektronischen Kaufhaus!
Diese sind nur als "Addons" dabei. Wir wollten auch niemanden an den Pranger stellen, sondern nur aufzeigen, auf welchem Pulverfass die MdEPs sitzen, wenn sie im Juli abstimmen.
Hoffentlich haben sie jeden angeschrieben, damit sie sich mit der Thematik auch wirklich konfrontiert fühlen. Ich habe wirklich keine Lust verklagt zu werden, da ich einem Kunden einen angepassten Browser spendiere.....
Um ganz ehrlich zu sein, erschließt sich mir da irgendwie nicht der Sinn des Ganzen, denn nicht Erfindungen sondern das Finden Lösungen anderer wird geschützt. Aber naja, ich bin kein Anwalt.
Was ist wenn das Programm Hardcodiert ein wichtiges Element einer Schaltung ist? (z.B. das ROM auf einem PC)
Jedes Programm kann, zumindest theoretisch, mit einer diskreten Schaltung realisiert werden und jede Steuerschaltung kann durch ein Programm realisert werden. Konsequenter weise sollte alles was auch durch ein Computerprogramm lösbar ist vom Patentrecht ausgenommen werden. Die Definition anders herum über die "physikalische Wirkung" ist mir zu ungenau.
Ein Algorithmus muss nicht in einem Computer verwirklicht sein.
Auch die Schaltung sollte nur dann patentierbar sein, wenn sie ein nichttriviales und grundlegend neues Schaltungsprinzip verwendet und nicht, wenn sie eine bloße Detailabwandlung längst bekannter Systeme ist. Schon gar nicht sollte die Verwendung der Schaltung für einen konkreten Einsatzzweck patentierbar sein.
Es hängt also entweder von weiteren Regelungen oder der Einstellung des Beamten im Patentamt ab, das kann es IMHO nicht sein.
a) Tehcnizität definieren und da haben wir eine beliebte Definition aus den Patentlehrbüchern. die Nutzung beherrschbarer Naturkräfte zur Erreichung eines kausal übersehbaren Erfolges.
b) Tehcnizität ins beliebige aufweichen, dann können wir sie auch gleich streichen
Welcher EU-Abgeordete macht seine Arbeit schließlich selbst?
/sarkasmus aus
Die denken dann: na, dann eben anders programmieren.
Ciao
Achim
Also zumindest Karteireiter werden genutzt:
http://europa.eu.int/index_de.htm
Oder JPEGs auf der Kommissions-Unterseite:
http://europa.eu.int/comm/commission_barroso/images/commissioners/barroso.jpg
Denken?
Ich melde Zweifel an!
Hoffentlich schauen sich die Herrschaften das auch mal an ... dann könnte es was bringen!
Birgit
Tja, haettest Du Dir die doch bloss patentieren lassen...
also link auf EU-Politikerseite und kurze Beschreibung, warum dies durch Patente geschützt ist (bzw. werden könnte).
Danke
gru/3 nnoono
Dort findest du eine Auflistung der Europa-Abgeordneten der verschiedenen Bundesländer mit den potentiellen Verstößen.
Birgit
http://www.nosoftwarepatents.com/de/m/basics/webshop.html
an. Das ist eine Beispiel Seite eines Webshops und die 20 gängigisten Patente. Ich denke mal die angesprochenen 10 Patente der EU-Parlamentarier Websites sind da auch dabei.
http://l2.espacenet.com/espacenet/viewer?PN=EP0689133
bzw. hier mit Bildern im PDF:
http://tinyurl.com/chgk7
Du bist bestimmt schon viel früher auf den Trichter gekommen ;-)
Ciao
Achim
Patente muessen neu und erfinderisch sein.
Polemisch zurueckgefragt: Ist die Erkenntnis, dass sich 1+1+1+1+1+1 auch als "6 mal 1" schreiben laesst fuer Dich "neu"?
Das sind aber Mathematiker auch, der Typ der Fermat's letzte Vermutung beweisen konnte hat dafür 7 Jahre lang höchste geistige Leistungen erbracht, war höchst erfinderisch. Trotzdem kann er die Mathematik die er da entwickelt hat nicht patentieren. Zu Recht, meine ich.
Nachdem Kompressionsalgorithmen nicht wirklich erfunden, sondern wie Mathematik ENTDECKT werden (der Algorithmus funktioniert ja schon seit anbeginn der Zeit, er wurde daher nur entdeckt) und außerdem die Hauptanwendung der Kompressionsalgorithmen bei Dateiformaten (die meiner Meinung nach keine Erfindung, sondern eine Definition sind) ist, sind die Auswirkungen einer Patentierbarkeit von Kompressionsalgorithmen verheerend.
Führen wir uns nocheinmal vor Augen: Patente sollen von der Allgemeinheit verliehene, zeitlich begrenzte Monopole zur Einbringung von Entwicklungskosten sein, im Gegenzug dafür erhält die Allgemeinheit vom Erfinder das Wissen, das andernfalls geheim geblieben wäre.
Im Falle von Medikamentenentwicklung trifft das einigermaßen zu, im Falle von Maschinenbau schon schlechter, aber ich denke die Gesamtbilanz ist immer noch positiv.
Im Falle von Software ist die Zeitspanne zu lang und die Patente sind zu breit, Patente auf Teile von Dateiformaten (wie Kompressionsalgorithmen) sind der Gipfel des Ausverkaufs der Interessen der Allgemeinheit. Dabei wird nämlich jener Firma die allein durch die Definition des Dateiformates bereits einen Gewaltigen Vorsprung vor jeder Konkurrenz hat, noch zusätzlich die Macht verliehen, 20 Jahre lang jeden legalen Fremdzugriff auf die Daten zu unterbinden. 20 Jahre!!! Überlegt euch das gut, ob es ein gutes Geschäft für die Allgemeinheit sein kann, jemandem der das Dateiformat auch ohne Patent definieren würde (weil er ja müsste) ein Monopol auf dieses Dateiformat zuzugestehen.
Man kann sich überlegen ob die Software in einer mechatronischen Dieseleinspritzdüse patentierbar sein soll (zur Anwendung in Dieseleinspritzdüsen), aber das würde ich als Grenzfall ansehen. Jede Kombination von Software+Standardcomputer+übliche Peripherie (Maus Tastatur, Drucker, Scanner, Netzwerkkarte, Netzwerk) sollte nicht zu Erteilung von Patenten führen.
Und Geschäftsmethodenpatente sollten auch verboten werden. Stellt euch die Preise für Klopapier vor, wenn jemand ein Patent auf "Verkauf von Klopapier in Geschäften" hätte. Und solche Patente gibt es im elektronischen Kaufhaus!
Ferber, Markus, CSU Ep0266049, AdobePDF
Ciao
Achim