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Di, 18. September 2012, 14:03

Gesellschaft::Politik/Recht

Freiburg: Hebelt geheimes Gutachten Gemeinderatsbeschluss aus?

Schon seit Mai gibt es Spekulationen, dass die Freiburger Stadtverwaltung von OpenOffice.org zu MS Office zurückmigrieren will. Die Open Source Business Alliance, die Free Software Foundation Europe und der Bundesverband Informations- und Kommunikationstechnologie wollen nun durch einen offenen Brief Genaueres erfahren.

Im Jahr 2007 hatte der Freiburger Gemeinderat beschlossen, das Dokumentenformat Open Document Format (ODF) als Standardformat für den Dokumentaustausch festzulegen. Dieser Beschluss war auch die Grundlage dafür, das Office-Paket OpenOffice.org in der Freiburger Verwaltung als Standardsoftware für Textverarbeitung, Tabellenkalkulation usw. zu verwenden. Im Dezember 2010 bezeichnete die Stadt die Migration auf OpenOffice.org als erfolgreich. Die Migration kostete insgesamt 200.000 Euro; MS Office 2007 hätte das Vierfache gekostet. Wichtiger als die Kosten waren die Forderung nach einem wirklich offenen Dokumentenformat, die bei MS Office damals nicht vorhandene PDF-Exportfunktion und die effiziente Verwaltung von Vorlagen, dank einer Kooperation mit der Stadtverwaltung von München bei der Vorlagenverwaltung Wollmux.

Im Mai 2012 hingegen gab es erste Berichte, dass ein Wechsel zu MS Office anstehe. Dies sei von externen Beratern vorgeschlagen worden, um die vermeintlichen Probleme von OpenOffice.org zu lösen. Es gebe viele Interoperabilitätsprobleme, wenn Dokumente anderer Verwaltungen in proprietären Formaten eintreffen. Daneben war, wie die Stadtverwaltung selbst einräumte, der Schulungsaufwand für OpenOffice.org unterschätzt worden. Es gab zwar eine anfängliche Schulung für alle Benutzer und Online-Anleitungen in Wiki- und FAQ-Form sowie den Einsatz von Wollmux. Das hielt die Mitarbeiter aber nicht davon ab, sich zu beklagen, dass ihre abenteuerlichen »individuellen Lösungen«, die sie mit MS Office entwickelten, nicht mehr funktionieren.

Der Stadtrat sollte nach den damaligen Aussagen im Juni über die Migration informiert werden. Dies ist jedoch bis heute nicht erfolgt. Jetzt wundern sich die Open Source Business Alliance (OSBA), die Free Software Foundation Europe (FSFE) und der Bundesverband Informations- und Kommunikationstechnologie (BIKT) in einem offenen Brief an den Bürgermeister und den Gemeinderat, was hier eigentlich vorgeht.

Grundlage für die Migration sei anscheinend ein extern angefertigtes, unter Verschluss gehaltenes Gutachten. Die für die Umstellung benötigten Budgets seien bereits genehmigt und Mitarbeiter über die bevorstehende, erneute Umstellung informiert worden. Die Migration und die fehlende öffentliche Diskussion widersprächen dem Gemeinderatsbeschluss von 2007. Die Absender seien »besorgt darüber, ob die Verwaltung der Stadt Freiburg sich über die Beschlüsse der Legislative hinwegsetzt oder zumindest versucht, schwer änderbare Fakten zu schaffen«.

Sie wollen deswegen von der Verwaltung wissen, warum das den jetzigen Wechsel stützende Gutachten nicht öffentlich gemacht wird, und wie die Umsetzung des Gemeinderatsbeschlussses von 2007 zum Open Document Format weiter sichergestellt wird. Unterzeichnet ist das Schreiben von Peter Ganten, dem Vorsitzenden des Vorstands der Open Source Business Alliance, Holger Dyroff, dem Sprecher der Working Group Public Affairs und Vorstandsmitglied der Open Source Business Alliance, Matthias Kirschner, dem Deutschlandkoordinator der Free Software Foundation Europe und Marco Schulze vom Bundesverband Informations- und Kommunikationstechnologie.

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