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Fr, 18. März 2005, 13:07

Gesellschaft::Politik/Recht

Existenzbedrohung durch Softwarepatente

Die Initiative NoSoftwarePatents.com hat die Ergebnisse ihrer Teilauswertung einer Umfrage des Bundeswirtschaftsministeriums veröffentlicht.

Demnach fürchten über 60% der befragten IT-Unternehmen, dass Softwarepatente ihre Existenz gefährden würden. Nur 6,3% der Firmen sehen sich in der Lage, Softwarepatente selbst zu recherchieren, und die meisten von diesen merkten an, dass sie eine vollständige Überprüfung aller bestehenden Softwarepatente niemals leisten könnten. Bei Rechtsstreitigkeiten träte der Insolvenzfall oder die Geschäftsaufgabe entweder bereits bei einer Klageandrohung ein oder spätestens im Rahmen eines Prozesses. Dadurch fühlen sie sich erpressbar, äußerten zahlreiche Teilnehmer an der Umfrage. Einzelne Einsender nannten sogar die Nummern der europäischen Patente, die sie als Bedrohung für ihren Betrieb ausmachen konnten. 11% der befragten Unternehmen beschäftigen mindestens 50, einzelne sogar mehr als 1000 Mitarbeiter.

Die Auswertung ist als PDF-Datei verfügbar. Von über der Hälfte der Einsender erhielt NoSoftwarePatents.com die Genehmigung, ihren Namen und Hauptsitz zu veröffentlichen.

»Die Ergebnisse machen deutlich, dass Softwarepatente Gift für die wirtschaftliche Entwicklung der mittelständischen IT-Wirtschaft sind«, kommentierte der CDU-Bundestagsabgeordnete und Experte der Unionsfraktion für Geistiges Eigentum Dr. Günter Krings die Teilauswertung der Fragebögen. »Nach dieser Auswertung eines Teils der Fragebögen lässt sich auch erahnen, warum das Bundeswirtschaftsministerium als Auftraggeber eine Veröffentlichung abgelehnt hat. Der Regierungslinie Pro Softwarepatente wird die rote Karte gezeigt. So wollte man wohl unangenehmen Nachfragen elegant aus dem Weg gehen.«

Im Sommer letzten Jahres hatte die Bundesregierung Betriebe jeder Größe dazu aufgerufen, einen zwölfseitigen Fragebogen zu Softwarepatenten auszufüllen. Als 1400 anstatt der erwarteten 100 Einsendungen eingingen und sich ein Ergebnis abzeichnete, das der Haltung der Bundesregierung zu Softwarepatenten widerspricht, wurde von der zugesagten Auswertung und ihrer Veröffentlichung abgesehen. Daraufhin bat NoSoftwarePatents.com über verschiedene Internetmedien um erneute Übersendung der Materialien zur eigenen Auswertung, und erhielt über 330 Fragebögen (fast 25% der ursprünglichen Gesamtmenge). Es ist möglich, daß eine Auswertung der Gesamtheit der Fragebögen ein anderes Resultat ergäbe, in Anbetracht der Haltung des BMWA ist dies aber sehr unwahrscheinlich.

Am 7. März dieses Jahres beschloss der EU-Ministerrat seinen »gemeinsamen Standpunkt« zu Softwarepatenten. Die Entscheidung kam nur zustande, indem sich der dänische Wirtschaftsminister über eine exakte Weisung seines Parlaments hinwegsetzte. Wesentlich umfangreicher als der Richtlinientext selbst sind die zahlreichen unilateralen Erklärungen von Mitgliedsländern, darunter auch von sechs, die ursprünglich zugestimmt hatten, aber sich Änderungen wünschen.

Die Vorfälle rund um diese Richtlinien haben bereits dazu geführt, dass Google bei der Suche nach dem Begriff »banana republic« zeitweise an zweiter Stelle die Homepage des EU-Ministerrats liefert. Die Google-Suchmaschine hat aufgrund zahlreicher Texte im Internet, die zwischen beiden Begriffen einen Bezug herstellen, diese offenbar als Synonyme eingestuft.

Auch wenn in diesem hart umkämpften Verfahren selten Sicherheit besteht, sieht es danach aus, dass das Europäische Parlament Mitte April seine zweite Lesung beginnen und Anfang Juli abstimmen wird. Da der einhellige Wunsch des Europaparlaments nach Neustart dieses Verfahrens durch die EU-Kommission ohne weitere Begründung abgelehnt wurde, ist nun eine absolute Mehrheit der Mitglieder des Parlaments erforderlich, um Änderungen oder eine komplette Ablehnung zu beschließen. Nach Änderungen durch das Parlament geht der Ball zurück an den EU-Rat und danach in ein mögliches Vermittlungsverfahren.

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