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Do, 8. März 2001, 00:00

Linux in der Schule

Vorschläge für den Einsatz freier Software in Schulen

Mit freier Software können einzelne oder Arbeitsgruppen nicht nur relativ zweckfreie Programme wie die tausendste Implementierung eines Sortierverfahrens betreiben. Man kann damit richtige Erfolgserlebnisse schaffen.

Es kann an bereits bestehenden Projekten mitgearbeitet werden. Ein guter Ausgangspunkt ist z.B. www.sourceforge.net. Dort werden zur Zeit etwa 16.000 freie Projekte gespeichert, es gibt für fast alle Zwecke in fast allen Programmiersprachen etwas.

Es muß aber nicht unbedingt eine Programmierarbeit sein. Viele Projekte enthalten nur unzureichende Dokumentation oder diese ist nur in einer Sprache vorhanden. Es muß auch nicht ein Software-Projekt sein, auch internationale Seiten wie www.debian.org freuen sich, wenn sie in dieser Hinsicht Unterstützung erhalten. Es gibt auch ein eigenes Linux Documentation Project, in dem noch viele Übersetzungen fehlen, oder die Linux Gazette, die in mehreren Sprachen erscheint.

Dabei müssen Übersetzungen nicht nur in eine Richtung ablaufen. Für ein Projekt der Schule ist sicherlich eine Dokumentation in mehreren Sprachen auch kein Fehler.

Hier ist auch eine echte Gruppenarbeit möglich. Deutsch- Englisch- und Informatikkurs erzielen mit Sicherheit ein besseres Ergebnis, wenn sie eng zusammenarbeiten. Jeder lernt etwas von den anderen. (Die einen etwas Technik, die anderen, daß es nicht »Standart« heißt und mit welchen Problemen der Laie bei der Dokumentation kämpft.)

Auch ließe sich durchaus ein Kunstkurs zur Gestaltung von Logos, Icons oder Webseiten hinzuziehen.

(Bei einer Veranstaltung, die einige LUGs in der Umgebung in einer Berufsschule abhalten durften, wurden von einer Schneiderklasse entsprechende Transparente gestaltet.)

Mit all diesen Aktivitäten ließe sich auch der inzwischen wohl obligatorische Internetzugang der Schule wirklich sinnvoll nutzen. Zunächst muß ein Projekt ausgewählt werden. Dann muß die interne Projektseite mit der auf dem Projektserver synchronisiert werden und alle Beteiligten (weltweit) müssen regelmäßig über Veränderungen informiert werden. Außerdem ist eine Abstimmung zwischen den verschiedenen Projektteams weltweit nötig.

Die immer wieder erhobene Forderung nach interdisziplinären Arbeiten ließe sich hier, in einem Bereich der Zukunftstechnologie, gut umsetzen. Und zwar nicht in zweckfreien Spielereien, die anschließend bestenfalls in einer Vitrine verstauben, sondern in echten Projekten, die weltweit benutzt werden.

(Wäre doch eine tolle Visitenkarte für eine Schule: »Das XYZ-HOWTO und seine deutsche Übersetzung werden von der XX-Schule in YYY betreut.«)

Sollte in einer Schule ein neues Projekt angefangen werden, so ist es eigentlich zwingend erforderlich, daß dieses Projekt unter eine freie Lizenz gestellt wird, um auch späteren Schülergenerationen die Möglichkeit zu geben, daran weiterzuarbeiten.

Übliche Einwände gegen den Einsatz von freier Software

Ein weiterer Einwand gegen den Einsatz freier Software ist häufig: »Aber alle Welt verwendet MS-Office.« Nun, das ist im Augenblick noch richtig, aber man muß einmal sehen, was den Schülern am Computer beigebracht werden soll. »Wenn du eine Seite formatierst, mußt du nicht bei Format klicken, sondern bei Datei...« - »Wieso?« - »Das ist nunmal weltweit Standard.«

Oder lieber doch das Konzept, wie ein Computer funktioniert? Also, was ist eine Datei, wie funktioniert ein Dateisystem, wieso kann ich nicht mit jeder Anwendung jede Datei öffnen, wie strukturiere ich Dokumente. (Ich sehe es immer wieder an neuen Mitarbeitern, daß diese Grundlagen fehlen, es wird in der Schule teilweise wirklich nur gelernt, wie man klickt. Aber nicht, daß man ein Dokument logisch gliedern sollte und das Aussehen, also die konkrete Formatierung, dann vom Computer übernommen wird.)

Wenn man sich von diesem Auswendiglernen von Mausklicks wegbewegt, verliert das Argument erheblich an Schlagkraft. Außerdem muß man sich das Zielpublikum ansehen. Eine Berufsschule, die Bürokaufleute ausbildet, mag mit MS-Office tatsächlich den Alltag der Schüler abbilden. Eine zehnte Klasse am Gymnasium bildet mit so etwas sicherlich falsch aus, da bis zum Berufs- oder sogar nur Studienanfang der Schüler mehrere neue Versionen erschienen sein werden, die nur teilweise miteinander kompatibel sein werden. Alle erwähnten Schüler sind mit Grundlagenkenntnissen wesentlich besser bedient. Für die Berufsschüler in diesem Beispiel mag noch ein kurzzeitiger Nutzen aus der reinen Anwendungsschulung resultieren, aber auch diese sind mit Grundlagen besser für die weitere Zukunft und das weitere unausbleibliche Lernen gerüstet.

Überträgt man das Argument, MS-Office benutze schließlich jeder, daher müsse die Schule das auch lehren, auf einen anderen Bereich, so wird die Absurdität deutlich. Ohne Führerschein kommt heute auch fast keiner mehr aus, trotzdem wird dieser nicht in der Schule gemacht. Allerdings trifft dieser Vergleich auch nur bedingt zu, denn wenn die Argumentation mit MS-Office stimmen würde, so müßte der Führerschein auch auf einer bestimmten Automarke gemacht werden und anschließend dürfte man auch nur mit dieser fahren.

Wenn man unbedingt Kompatibilität zu MS-Office braucht, so gibt es auch ausreichend Import- und Exportfilter, mit denen man arbeiten kann. Letztlich ist aber das Fördern bestimmter, unfreier, Dateiformate eine unerträgliche Zwangslage für die Schüler, denn nicht alle können sich MS-Office leisten und werden so zu Raubkopierern. In Bildungseinrichtungen dürften Dokumente eigentlich nur in freien Formaten verlangt werden, um den Schülern die Wahlmöglichkeit zu lassen. Schließlich dürfen die Schüler auch mit beliebigen Fahrzeugen zur Schule kommen oder ihr Heft frei wählen.

Vielfach fehlt der Schule das nötige Wissen, um eine freie Rechnerlandschaft aufzubauen, hier wird jedoch jede Schule von verschiedenen Organisationen unterstützt. Und langfristig ist in ein Unix-Netzwerk weniger Arbeit zu investieren als in Windows-Netze, da Unix stabiler läuft, weniger von den Schülern kaputtgemacht werden kann und nicht zuletzt auch eine Fernwartung über langsame Modemverbindungen möglich ist und man so auch mal externe Hilfe erhalten kann, ohne daß jemand anreisen muß. Um auch nochmal auf die Kosten zurückzukommen: Die gesparten Lizenzgebühren können zur Anschaffung weiterer Hardware oder für externe Dienstleistungen herangezogen werden.

Fazit

Der Einsatz von freier Software hat neben den Kosten und Stabilitätsvorteilen auch den Vorteil, daß sinnvolle Projekte sogar fächerübergreifend verwirklicht werden können.

Nun sind die geschilderten Szenarien sicherlich nicht an jeder Schule umsetzbar, doch wird allein schon durch die Benutzung freier Software im Unterricht eine Diskussion zu den genannten Punkten in Gang kommen. »Warum sieht das nicht so aus wie Windows XX?« (Kann es übrigens auch, Tests bei mir in der Firma ergaben, daß 100% der Befragten fvwm95 für eine englische Version von Windows NT hielten, wobei natürlich auch eine deutsche Anpassung möglich wäre.)

»Wieso läuft auf dem alten 486er noch diese Software?» (Tut sie gar nicht, der dient nur als dummes X11-Terminal für unseren großen Pentium im Rechnerraum).

Es sollte zumindest über freie Software als Alternative zu herkömmlichen Programmen gesprochen und nach Möglichkeit auch angeboten werden.

  • Dieses Werk wurde unter der GNU Free Documentation License veröffentlicht. Das Kopieren, Verbreiten und/oder Modifizieren ist erlaubt unter den Bedingungen der GNU Free Documentation License, Version 1.2 oder einer späteren Version, veröffentlicht von der Free Software Foundation.

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