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Fr, 18. Mai 2012, 12:47

Software::Büro

Freiburg: Rückkehr zu proprietärer Office-Lösung in Stadtverwaltung möglich

Freiburgs Stadtverwaltung könnte in Kürze von OpenOffice.org zu einer proprietären Bürosoftware zurückkehren. Grund dafür ist die mangelnde Unterstützung offener Dokumentenstandards seitens anderer lokaler, regionaler und europäischer Verwaltungen.

Laut dem Nachrichtenportal joinup.ec.europa.eu, das sich auf eine gut unterrichtete Quelle beruft, werden von der Umstellung fast alle 2.000 Desktop-PCs der Stadtverwaltung betroffen sein. Der Wechsel wurde von externen Beratern vorgeschlagen, die den Bürgermeister und seine Vertrauten letzte Woche informierten. Der Stadtrat soll im Juni von den Vorschlägen erfahren.

Das wichtigste Problem, das laut den Beratern gegen die freie Bürosoftware OpenOffice.org spricht, ist die mangelnde Interoperabilität. Die IT-Abteilung setzte sich in den vergangenen Jahren wiederholt bei deutschen und europäischen Verwaltungen dafür ein, für den Dokumentenaustausch das Open Document Format (ODF) zu verwenden. Nichtsdestotrotz wurden die Mitarbeiter der Stadt weiterhin mit vielen Interoperabilitätsproblemen konfrontiert, wenn sie Dokumente anderer Verwaltungen in proprietären Formaten erhielten.

Laut der Quelle, die nicht genannt werden möchte, entwickeln die meisten, mit Steuergeldern finanzierten Rechenzentren, Anwendungen, die proprietäre Software erfordern. »Öffentliche Verwaltungen nutzen nicht ihre Marktmacht, um die Anbieterabhängigkeit zu reduzieren. Vorgesetzte aller Ebenen ignorieren ODF«, so die Quelle. Aufgrund dieser Tatsachen könne nicht erwartet werden, dass städtische Angestellte freie Software gern bei ihrer täglichen Arbeit verwenden.

Freiburg wechselte 2007 zu OpenOffice.org. Aktuell ist die freie Bürosoftware auf ca. 2.300 Rechnern der Stadtverwaltung installiert. Es wird damit gerechnet, dass der Stadtrat bis zum Sommer darüber entscheidet, ob OpenOffice.org beibehalten oder durch proprietäre Pendants ersetzt wird.

Wie Rüdiger Czieschla, der IT-Leiter der Stadt Freiburg, in einer Präsentation einräumte, wurden bei der Migration auf OpenOffice.org einige Fehler begangen. So wurde beispielsweise der Schulungsaufwand unterschätzt. Die Verantwortlichen nahmen an, dass die Ähnlichkeit zwischen Writer und MS Word nur wenige Schulungen erfordere. Viele Mitarbeiter verfügten jedoch nur über eine geringe Office-Kompetenz und behalfen sich bei ihrer täglichen Arbeit mit teils abenteuerlichen, selbst gebastelten, individuellen Lösungen, die mit OpenOffice.org nicht mehr funktionierten und als anfangs als Kompatibilitätsprobleme abgetan wurden.

Die Verantwortlichen hatten sich bei der Migration auf den technischen Schwerpunkt konzentriert und arbeitsorganisatorische Beratungskapazitäten vernachlässigt, was mit der Zeit bei den Mitarbeitern zu einer abwertenden Haltung gegenüber der freien Bürosoftware führte. Ein weiteres Problem war die Gewöhnung an eine jahrelange Monokultur im Arbeitsalltag und dass wenig Verständnis für die Vorteile nachhaltiger IT und offener Standards vorherrschte, weil sie mit einer Umstellung und Umgewöhnung einher gingen. Gemäß Czieschla fehlt der Druck, dass die Abhängigkeit zwischen Dokumentenformat und Bearbeitungssoftware aufgehoben wird. Seiner Meinung nach war es ein Fehler, ODF und OOXML zu ISO-Standards zu erklären, vergleichbar damit, mit DIN-A4 zwei unterschiedliche Papierformate zu definieren.

Trotz aller Schwierigkeiten macht sich Czieschla für freie Software und offene Standards stark und führte noch einmal mehrere Gründe auf, die für eine entsprechende Lösung sprechen. Dazu zählen unter anderem Innovationspotential, Transparenz des Regierungshandelns, Vermeidung von Herstellerabhängigkeit, die Interoperabilität offener Standards sowie damit verbundene Kostenreduzierung und dass elektronische Dokumente unabhängig vom Bearbeitungswerkzeug sind.

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