Login
Newsletter
Werbung

So, 23. Februar 2003, 00:00

Linux Athlon SMP-Rechner selbst gebaut

Erste Betriebsphase

Wunderbar, dachte ich, die Hardware ist komplett durchgetestet, also ab mit dem Gerät unter meinen Schreibtisch. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich aber noch die unerträglichen AMD-Lüfter im Gehäuse. Am 4.12.2002 fuhr ich daher nochmal zum Händler und erstand auf dessen Empfehlung hin zwei Arctic-Lüfter für jeweils 19 EUR. Diese Lüfter sind wirklich zu empfehlen, sie sind überhaupt nicht zu hören! Ich war platt.

Zum Einbau der Lüfter mußte ich das Wärmeleitpad von den CPUs entfernen. Für den Kontakt sollte Wärmeleitpaste sorgen, die ich noch im Hause hatte. Das war ein Fehler, denn diese Paste war nicht geeignet für die Athlon-CPUs. Irgendwie wußte ich das vorher schon, ignorierte es aber. Nach dem Einbau der Lüfter stellte ich den Rechner erstmals mit geschlossenem Gehäuse auf. Dann startete ich ihn und loggte mich in KDE ein.

Es dauerte keine drei Minuten, dann fror der Rechner komplett ein.

Ich begann zu überlegen. Offenbar war dem Rechner zu warm, wenn das Gehäuse zu war. Dieses Problem hatte ich schon bei anderen Rechnern gehabt und durch ein wenig Handarbeit gelöst. Ich holte also die Bohrmaschine, nahm das Seitenteil und begann Reihen von Luftlöchern hineinzubohren.

Nun ja, Sie können es sich denken - dieses Mal nützte es nichts. Ich war zunächst gezwungen, den Rechner offen zu lassen. Kein Problem, denn selbst unter höchster Last war von dem Rechner nichts zu hören. Zu diesem Zeitpunkt dachte ich noch, daß ich einfach mehr Löcher bohren müßte.

Nach etwa 9 Tagen Dauerbetrieb blieb der Rechner wieder komplett stehen. Konnte der proprietäre Radeon-Treiber von ATI schuld sein? Ich wechselte zum XFree86-Treiber, auf 3D verzichtend, doch eine Woche später stand die Kiste wieder. Und so ging es weiter, aber die Intervalle zwischen zwei Hängern wurden immer kürzer. Mir kam keine Idee, was das Problem sein könnte, bis der Rechner an einem Freitagmorgen Ende Januar 2003 endgültig aufgab. Zuerst konnte er noch booten, blieb jedoch schon vor dem Start von init stehen. Dann ging plötzlich gar nichts mehr, nicht mal mehr das BIOS wollte starten.

Nun dämmerte mir, daß es an der Wärmeleitung der Prozessoren liegen könnte. Ich suchte einen Händler auf, um Wärmeleitpads zu kaufen, doch der empfahl mir stattdessen spezielle Silber-Paste. Diese brachte ich auf die Prozessoren auf, doch was ich auch versuchte, egal ob mit einem oder zwei Prozessoren, der Rechner blieb stumm.

Das konnte nur bedeuten, daß entweder die Prozessoren oder das Board Schaden genommen hatten. Natürlich wollte ich in diesem Fall die Garantie in Anspruch nehmen, doch zunächst mußte ich herausfinden, was kaputt war. Ich brachte den Rechner zu einem Händler und erhielt nach einer Woche die Auskunft, daß es möglich sei, ihn zum Booten zu bringen. Alles, was man tun muß, ist, beim Booten die Einfügen-Taste gedrückt zu halten und dies ggf. mehrfach zu probieren. Denn das Board hat (in manchen Revisionen) einen Bug, der Probleme beim Booten verursacht. Dieser Bug ist bei Tyan bekannt, und wenn man ein entsprechendes Board besitzt, kann man es an Tyan senden und bekommt es repariert.

Ich weiß bis heute nicht, ob mein Board zu den betroffenen zählt. Da es jetzt wieder läuft, habe ich auf das Einsenden bisher verzichtet. Doch noch standen mir einige Hürden im Weg.

Die letzten Probleme

Es gelang mir tatsächlich, den Rechner wieder zum Booten zu bekommen. Dabei entdeckte ich durch Zufall, daß die Einfügen-Taste gar nicht nötig war. Ich hatte nämlich die Tastatur (PS/2) aus Versehen in den Mausport gesteckt, weil die Beschriftung der Ports so dämlich ist. Es genügte, den Rechner einzuschalten und ein paar Mal die Reset-Taste zu drücken. Er fuhr hoch, doch gleich kam die nächste Ernüchterung: Kernel Panic oder andere wunderliche Fehler beim Starten des Kernels. Bei manchen Startversuchen fror er auch total ein.

Nichts konnte mich mehr aus der Ruhe bringen. Froh, daß es überhaupt ein Lebenszeichen gab, versuchte ich, Tom's Root-Boot-Diskette (tomsrtbt) zu booten. Kein Problem, es klappte. Danach bootete ich die QNX-Demo-Disk, dann eine DOS-Diskette. Na bitte, läuft doch! Aber warum hat mein SMP-Kernel ein Problem?

Die Antwort lag mal wieder im BIOS. Gerade ein paar Tage zuvor war ein BIOS-Update für das Board herausgekommen. Nun, da ich immerhin DOS booten konnte, beschloß ich, es zu flashen. Das Flash-Programm begann, schrieb "Erasing Sector 0"... und fror ein. Verdammt, dachte ich, jetzt ist möglicherweise alles hin. Doch ich hatte Glück, ein Reset ließ den Rechner neu booten. Nun setzte ich das BIOS auf die Standard-Einstellungen zurück, denn ich dachte mir, eigentlich kann das nicht passieren, daß das Flash-Programm stehenbleibt. In der Tat, der zweite Flash-Versuch war erfolgreich.

Nach diesem Update und dem (vorsichtigen) Anpassen einiger BIOS-Optionen bootete mein SMP-Kernel anstandslos. Heissa! Zum Test ließ ich den Rechner die Nacht durchlaufen.

Nach 9 Stunden Betrieb blieb der Rechner wieder stehen.

Immer noch konnte mich das Gerät nicht aus der Ruhe bringen. Kühl spielte ich meine letzte Trumpfkarte aus. Beim Booten war mir folgende Kernel-Meldung aufgefallen:

I/O APIC: AMD Errata #22 may be present. In the event of instability try
 : booting with the "noapic" option.

Also fügte ich noapic zu den Bootoptionen hinzu und bootete neu. Seitdem gibt der Rechner Ruhe! Zum jetzigen Zeitpunkt hat er 42 Stunden Dauerbetrieb mit Vollast hinter sich. Seit einigen Stunden ist das Gehäuse auch ganz geschlossen. Von Instabilität keine Spur mehr.

Fazit

Der neue Rechner ist mein schnellster, aber auch teuerster bisher. Er verbraucht am meisten Strom, hat das meiste RAM und die schnellste Festplatte, ist aber auch der leiseste von allen.

Es ist also tatsächlich möglich, einen superleisen, schnellen SMP-Rechner zu bauen, der unter Linux stabil läuft. Dabei kann man aber leicht auf große Probleme stoßen. Manchmal sind es Hardware-Fehler, manchmal aber auch eigene. Im Verlauf der Aktion habe ich folgende Fehler gemacht:

  • Ein Board zu kaufen, das den veralteten Chipsatz 760MP statt dem neueren 760MPX enthält
  • Ein Board zu kaufen, das nur bis 1900 MHz spezifiziert ist, aber CPUs mit 2000 MHz eingesetzt
  • Boxed-CPUs (mit Lüfter) zu kaufen
  • Die falsche Wärmeleitpaste zu verwenden
  • (Möglicherweise) eine Kernel-Bootmeldung zu ignorieren

Der Artikel soll dazu beitragen, daß andere nicht in die gleichen Fallen laufen.

  • Dieses Werk wurde unter der GNU Free Documentation License veröffentlicht. Das Kopieren, Verbreiten und/oder Modifizieren ist erlaubt unter den Bedingungen der GNU Free Documentation License, Version 1.2 oder einer späteren Version, veröffentlicht von der Free Software Foundation.

    - Weitere Informationen
Kommentare (Insgesamt: 0 )
Pro-Linux
Pro-Linux @Facebook
Neue Nachrichten
Werbung