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So, 9. Dezember 2001, 00:00

Tagebuch eines Linuxreisenden, Teil 3

Donnerstag, 29.11.2001

Der erste Kongreß-Tag

Heute ist der Tag, an dem wir aufgrund der Hotel-Fehlplanung unsere Zimmer räumen müssen. Soweit, so gut, aber an der Rezeption erfahren wir, daß wir für die nächste Nacht keine Einzelzimmer bekommen können, weil alles ausgebucht ist. Wir müssen uns mit einem Doppelzimmer begnügen, es sei denn, es würde etwas frei.

Die Uni hätten wir vermutlich pünktlich um 10 Uhr erreicht, wenn nicht gewisse Personen darauf bestanden hätten, den Aufbruch nochmal um 10 Minuten zu verzögern. So bekommen wir nur das Ende von Jos Vos' Eröffnungsansprache mit, die von etwa 200 Zuhörern verfolgt wird.

Nun folgt die Keynote, die Ted Ts'o vor ca. 250 Hörern hält. »Eine Dekade Linux« ist sein Thema, das vermutlich niemand kompetenter präsentieren könnte. Schließlich ist Ted nahezu von Anbeginn an dabei und kennt sicher den Großteil des Kernels. Seit einiger Zeit arbeitet er für IBM.

Ein paar Stichpunkte über den Vortrag:

  • Kernel 2.4 ist endlich stabil, daher hat Linus mit 2.5 begonnen (oder ist 2.4 stabil, weil Linus 2.5 begonnen hat und sich nicht mehr um 2.4 kümmert?)
  • Rechtliche Fragen werden immer wichtiger, wie die Auseinandersetzungen um DMCA, Patente und Geschäftsgeheimnisse zeigen. Programmierer müssen sich letztlich auch mit Politik beschäftigen, ob sie wollen oder nicht.
  • Es hat sich immer noch nicht das beste Geschäftsmodell für das Erstellen von Open Source Software herauskristallisiert.
  • Open Source Entwicklung kann sehr schnell sein, aber auch, besonders bei größeren Änderungen, sehr langsam. Es gibt zu wenig Programmierer, die die eigentliche Arbeit erledigen.
  • Vorsicht vor Microsoft: Von dort kommt kaum Innovation, stattdessen wird versucht, die Kunden an sich zu fesseln.

Stephen Rothwell

hjb

Stephen Rothwell

Nach einer Pause mit den inzwischen schon gewohnten Zutaten geht es mit jeweils zwei parallelen Vorträgen oder BOF-Sessions weiter. Die BOF (Birds of a Feather)-Sessions, die ich alle verpasse, sind kurzfristig angesetzte Diskussionsrunden zu spezifischen Themen. Gleich der erste Vortrag ist ein Highlight: Rusty Russell und Harald Welte erzählen über das Netfilter-Subsystem in Kernel 2.4: Was für Probleme traten auf, was für Limitierungen wurden entdeckt, wie wird es weiter gehen. Es scheint, daß Netfilter das Ende der Paketfilter-Evolution darstellt. Das Konzept ist perfekt, so daß auch zukünftige Kernel-Versionen mit Netfilter arbeiten werden. Mögliche Erweiterungen gibt es natürlich noch viele. Dies war mit Sicherheit ein Vortrag, der mehr Informationen brachte als dem eingereichten Papier zu entnehmen waren.

Das Mittags-Büffet von oben

hjb

Das Mittags-Büffet von oben

Der Vortrag »Optimizing the Idle Loop« von Stephen Rothwell von IBM lockt mich durch seinen rätselhaften Titel, obwohl zeitgleich Bert Hubert über ein kaum bekanntes Kernel-Feature (Class Based Queueing) referiert. Stephen erläutert zwei neue Features des Kernels, Directory Notification und File Leases. Beide können dazu eingesetzt werden, daß eine Applikation nicht mehr periodisch irgendwelche Dateien oder Verzeichnisse abfragen muß, sondern bei Änderungen in bester UNIX-Manier mit einem Signal benachrichtigt wird. Daß man einige Programme, nicht nur Daemons, damit effizienter machen kann, liegt auf der Hand. So richtig lohnt sich das Ganze natürlich erst, wenn man einen IBM-Mainframe mit 40000 virtuellen Linux-Maschinen betreibt. Allein schon die Last, die 40000 Cron-Daemonen verursachen (einmal pro Minute), ist nicht zu unterschätzen. Guter Vortrag, doch das hätte man alles auch in den Unterlagen nachlesen können.

Danach gibt es Mittagessen, auch das ein Novum für den Linux-Kongreß. Es ist zwar auf Brot und Brötchen, die man sich belegen kann, Obst und seltsame heiße Rollen beschränkt, reicht aber zum Sattwerden. So muß man immerhin weder an der Cafeteria etwas kaufen noch in dem Dauerregen auf die Suche nach etwas Eßbarem gehen.

Der Kongreß wird wieder von einer kleinen Ausstellung begleitet, die nicht weiter der Rede wert ist. Neben dem Debian-Stand gibt es einen Stand der GUUG, einen Buch-Verkaufsstand von Lehmanns sowie Stände mehrerer holländischer und belgischer Firmen. Ich sehe mir keinen davon näher an.

Wichtiger sind die Terminals, auf denen man die lebensnotwendige Verbindung zur Außenwelt halten kann. Diese sind meist stärker frequentiert als auf diesem Foto. Im Hintergrund gibt es Netzwerk-Anschlüsse für Laptops.

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