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So, 6. Juli 2003, 00:00

Mandrake 9.1 auf einem IBM Thinkpad T40p

System anpassen

Mandrake kriegt nicht mit, dass das Systemdatum in die Sommerzeit fällt und führt keine entsprechende Anpassung durch. Im Mandrake-Kontrollzentrum findet sich zwar ein Programmpunkt zur Anpassung der Systemzeit. Eine Möglichkeit zur Einstellung des Verhaltens hinsichtlich der Sommerzeit sucht man allerdings vergebens. Es findet sich eine Einstellmöglichkeit, ob die Systemuhr nach UTC oder nach Ortszeit läuft, aber egal welche Einstellung man wählt, es hat keine Auswirkung auf die aktuelle Systemzeit. Letzterer Bug wird aber schon seit längerem von mehreren Distributionen gepflegt. Bei Mandrake jedenfalls muß man nach einem Blick auf die Systemuhr im Kopf immer kurz umrechnen.

Größere Probleme ergeben sich mit dem Powermanagement des Laptops. Sowohl bei Batteriebetrieb als auch bei Netzanschluß wird das Display nach einiger Zeit der Inaktivität von Keyboard und Maus abgeschaltet. Gleiches läßt sich mit der Tastenkombination <Fn><F3> manuell erreichen. Nach einer solchen Aktion läßt sich das Display nicht mehr reaktivieren. Im Batteriemodus hilft manchmal, das LCD Display zu schließen, einen Augenblick zu warten, bis das System einige Aktivitäten abgeschlossen hat, und dann den Deckel wieder zu öffnen - aber leider keinesfalls immer und zuverlässig. Bei Netzbetrieb hilft der Trick in keinem Fall. Ein Workaround besteht darin, im BIOS das Ausschalten des Bildschirms zu deaktivieren. Man kann dann immer noch mit der Tastenkombination <Fn><F4> das System manuell in einen Standbymodus schalten und auch wieder aktivieren (und gut darauf achten, nicht aus Versehen <Fn><F3> zu betätigen). Allerdings führt das manchmal dazu, dass man sich nach Reaktivierung erneut einloggen muß, also auch alle zuvor geöffneten Programme geschlossen sind. Das ist eigentlich nicht Sinn der Aktion.

Vermutliche Ursache dafür ist, das das Laptop für ACPI zum Powermanagement ausgelegt ist. Mandrake stellt per Default ACPI auf off und startet APM. ACPI wird zwar installiert, aber dessen Umfang ist eher enttäuschend. Die mitgelieferte Konfiguration enthält ledigleich ein Beispiel zur Reaktion auf die Betätigung des Spannungsschalters. Man kann bei der Einrichtung des Systemstarters ACPI aktivieren. Dennoch wird in lilo.conf nach wie vor acpi=off an den Kernel übergeben (und ebenfalls noapic). Allerdings werden dann über das Skript /etc/rc*.d/acpi die ACPI-Module geladen, später dennoch apmd gestartet (generell wird vom ACPI-Projekt geraten, APM und ACPI auf keinen Fall gleichzeitig zu benutzen) und schließlich noch versucht, apcid zu laden, was mit einer Fehlermeldung quittiert wird. Mandrakes ACPI-Implementation ist also noch nicht so richtig einsatzfähig.

Wenn man per Hand das acpi=off entfernt und den apmd deaktiviert, dann startet das Notebook sauber mit ACPI. Das mitgelieferte Beispielskript funktioniert einwandfrei, bei Betätigen des Power-Buttons wird ein Shutdown eingeleitet. Alle anderen Tasten zum Powermanagement sind jedoch ohne Funktion. Allerdings hat man auch nicht mehr das Problem, daß das Display durch <Fn><F3> oder über Timeout unwiderruflich ausgeschaltet wird. Es geht einfach nichts, positiv wie negativ. Mit diesem Stand spiegelt Mandrake aber schlicht den Stand des ACPI-Projektes wider. Das kann man also nicht etwa der Distribution anlasten.

Eine andere Folge des unzureichenden Powermanagements ist, dass die Batterielaufzeit deutlich kürzer ausfällt. Die für das Gerät angekündigten ca. secs Stunden (die unter Windows auch durchaus realistisch sind) werden bei weitem nicht erreicht. Ca. drei Std. Batteriebetrieb sind bei üblicher Nutzung etwa für Textverarbeitung oder Editieren von Dateien möglich. Einige Steuerungsfunktionen, etwa die zur Steuerung von Lüfter und Festplatte, scheinen aber dennoch gut zu funktionieren. Jedenfalls scheint insbesondere die Temperaturregelung besser als unter Windows zu sein.

Insgesamt fällt auf, dass der Laptop sehr lange zum Booten benötigt und auch sonst eher träge reagiert. Nach einigem Forschen zeigt sich, daß die Festplatte nicht im DMA-Modus betrieben wird. Der Kernel erkennt den Chipsatz nicht. Das ist allerdings etwas merkwürdig für einen Kernel der 2.4.21-Serie, wo entsprechende Ergänzungen bereits enthalten sein sollten. Für dieses Problem fand ich keine Lösung, was für mich eine erhebliche Einschränkung darstellt.

Das Mandrake-Kontrollzentrum bietet keine Möglichkeit, das PCMCIA-System nachträglich zu konfigurieren. Soweit erkennbar, benutzt Mandrake die PCMCIA-Kernelmodule. Aber auch ein manueller Eintrag in /etc/sysconfig/pcmcia bringt keinen Fortschritt.

Auffällig ist auch, dass die Bildschirmdarstellung zuweilen sehr träge reagiert. Eine Inspektion der Log-Dateien zeigt, dass der Kernel den den AGP-Slot nicht richtig erkennen kann (unsupported chipset). Entsprechend steht u.a. keine Hardwarebeschleunigung zur Verfügung.

Sehr gut ist das Programm zum Online Update. Sehr ausführlich kann angezeigt werden, welche Version installiert ist, welche Versionsnummer das Update trägt, welche Dateien installiert werden und aus welchem Grund ein Update durchgeführt werden sollte. Weniger schön ist, daß man die Programme für das Update alle einzeln anwählen muß, eine Schaltfläche für »alle« gibt es nicht. Auch die Einrichtung und Konfiguration des Druckers ist sehr gut gelöst. Hier zeigt sich die langjährige Erfahrung vom Mandrake mit dem CUPS-System. Beides ist allerdings nicht spezifisch für den Laptop.

Das Update-Programm im Mandrake Controlcenter stellt keinen Update des Kernels zur Verfügung, obwohl man auf den Servers ein neueres Kernel-RPM (2.4.21.0.18mdk-1-1mdk.i586.rpm) findet. Nach erheblichen Problemen mit dem automatischen Kernelupdate vor 1-2 Jahren hat Mandrake davon wohl Abstand genommen. Nach einem manuellen Update des Kernels zeigt sich, daß diese Skepsis gegenüber den eigenen Routinen wohl auch nach wie vor angebracht ist: Eine Inspektion ergibt, dass die Updateroutine das Kernel-Binary in das Verzeichnis /boot kopiert und den symbolischen Link vmlinuz, der in /etc/lilo.conf zum Booten genutzt wird, von der bisherigen Version auf die neue umsetzt. In lilo.conf wird noch ein neuer Eintrag für den neuen Kernel hinzugefügt, da aber die alten Einträge, die auf dem symbolischen Link beruhen, nicht geändert oder ergänzt werden, kommt man in dem Fall, daß etwas mit dem neuen Kernel schief läuft, nicht mehr an die alte, lauffähige, Konfiguration - jedenfals nicht mehr ohne Bemühen des Rescue-Systems (und zu dessen Mängeln s.o.) oder ohne vorausschauende manuelle Korrektur der Mandrake-Routinen.

Ansonsten brachte das Update keine Fortschritte in Bezug auf die angeführten Probleme (PCMCIA, kein DMA-Modus der Festplatte, kein ACPI, usw).

Fazit

Insgesamt ist eine Nutzung von Mandrake-Linux mit dem IBM Thinkpad T40p gegenwärtig mit einigen gravierenden Einschränkungen verbunden. Auch als langjähriger Mandrake-Nutzer wird man ernsthaft in Erwägung ziehen müssen, die Distribution zu wechseln. Andernfalls kann man als Besitzer dieses Gerätes nur auf die nächste Version hoffen. Ich habe jedenfalls von Mandrake Abstand genommen und weitere Versuche z.B. mit einem Treiber für den IBM-Mousepad und mit dem Bluetooth-Modul abgebrochen.

Dies gilt vor allem für Um- und Einsteiger. Wenn man hinreichend Linuxkenntnisse besitzt, kann man sich noch manuell einige Verbesserungen erarbeiten. Auch unabhängig von diesem speziellen Rechner dürfte Mandrake nicht mehr die ideale Distribution für Ein- und Umsteiger sein. Das war sie sicherlich zur Zeit der 7.x Serie, vielleicht auch noch der 8.x Serie. Viele Standard-Features (etwa funktionierendes Rescue-System oder Methodik des Kernel-Updates) und viele Kleinigkeiten funktionieren nicht richtig. Einsteiger geraten da schnell in eine Sackgasse. Mittlerweile haben Distributionen wie SuSE oder Red Hat in ihrer Eignung für Einsteiger gewaltig aufgeholt und Mandrake konnte seinen Vorsprung nicht halten.

Mandrake dürfte jetzt eher für etwas erfahrenere Nutzer im Soho-Bereich interessant sein, die Linux als Desktop-System einsetzen wollen. Sie können vor allem von dem äußerst umfangreichen und stets sehr aktuellem Softwareangebot und dem zugehörigen Installationstool urpmi, sowie von der sehr arbeitsgerecht vorkonfigurierten Arbeitsoberfläche und Drucksystem profitieren. Die vorhandenen Unzulänglichkeiten und Hürden dürfte diese Benutzergruppe manuell meistern können. Aber auch hier holt Red Hat stark auf. Es gibt mehrere Web-Sites, die sich der Bereitstellung aktueller Software für die verschiedenen Versionen der Red Hat Distribution widmen, und die von Red Hat mehr oder weniger unterstützt werden. Mandrake wird sich sehr anstrengen müssen, nicht auch in diesem Bereich den Anschluß zu verlieren - falls sie das angesichts der finanziellen Situation überhaupt noch leisten können. Es wäre ausgesprochen schade, wenn diese europäische Distribution verschwinden würde.

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