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Do, 14. November 2019, 15:00

X.org, CapsLock und die Hyper-Taste in Emacs

Der Beitrag stellt eine Methode vor, die meist nutzlose Feststelltaste unter X11 in eine der Umschalt- und Strg-Taste ähnliche Hyper-Taste umzuändern. Der Nutzen dieser Technik wird sodann am Beispiel von GNU Emacs demonstriert.

Einleitung

Umschalter (große grüne Taste) und Feststeller (kleine grüne Taste) einer Wanderer Continental 100; der Tastenhub des Umschalters beträgt ca. 1,5 cm

Marvin Gülker

Umschalter (große grüne Taste) und Feststeller (kleine grüne Taste) einer Wanderer Continental 100; der Tastenhub des Umschalters beträgt ca. 1,5 cm

Auf den meisten hierzulande verfügbaren PC-Tastaturen findet man Tasten, deren Nutzen sich aus heutiger Sicht nicht zwangsläufig erschließt. Die Funktion, mithilfe der Scroll-Lock-Taste (»Rollen«) den Textausschnitt, nicht aber die Schreibmarke zu scrollen, dürfte etwa kaum jemanden bekannt sein (und wird scheinbar von heutigen Programmen auch kaum noch unterstützt). Darum soll es hier aber nicht gehen. Eine bekanntere, aber im normalen Gebrauch eines PCs nicht weniger nutzlose Taste ist die Feststelltaste (CapsLock), die sich üblicherweise über der linken Umschalttaste befindet. Die Feststelltaste dient in der Standardkonfiguration dazu, alle Buchstaben als Großbuchstaben einzugeben und hat sich historisch aus dem Feststeller mechanischer Schreibmaschinen entwickelt, der die Mechanik dauerhaft so verschiebt (eben fest stellt), dass die Typenhebel nur noch mit den mit Großbuchstaben versehenen Flächen gegen das Farbband schlagen. Schon in der Standardkonfiguration heutiger PCs hat die Feststelltaste sich von diesem Vorbild entfernt: denn bei einer mechanischen Schreibmaschine besteht kein Unterschied zwischen Buchstaben und sonstigen Zeichen. Betätigt man den Feststeller, dann führt dies nicht nur zu Großbuchstaben, sondern auch dazu, dass statt Zahlen Sonderzeichen getippt werden, was bei heutigen Tastatur-Layouts üblicherweise nicht mehr der Fall ist, d.h. die Feststelltaste hat keinen Einfluss auf die Eingabe anderer Zeichen als Buchstaben. Auch wird der Feststeller mechanischer Schreibmaschinen nicht durch erneutes Betätigen, sondern durch Druck auf die Umschalttaste gelöst. Arbeitet man heute mit einer historischen Schreibmaschine, führen dieser Umstände regelmäßig zu Verwirrung.

Viele ältere mechanische Schreibmaschinen sind so gebaut, dass zur Eingabe von Großbuchstaben der Wagen angehoben werden muss. Dieser besitzt aber ein nicht unerhebliches Gewicht. Gibt man nun eine Reihe von Großbuchstaben ein, wäre man ohne den Feststeller gezwungen, den schweren Wagen für eine geraume Zeit nur mit einem Finger oben zu halten – je nach Schreibmaschine eine physisch nicht ganz unerhebliche Aufgabe. Rutscht man beim schnellen Tippen ab, ist das Schriftbild hinüber. Im schlimmsten Fall müsste man dann von vorne anfangen, da ein Löschen von Zeichen jenseits von Tipp-Ex nicht möglich ist.

Heute ist der Nutzen der Feststelltaste dagegen gering. Großbuchstaben in größerer Zahl lassen sich in den seltenen Fällen, in denen man dies benötigt, ohne Probleme mit gedrückter Umschalttaste eingeben. Die Feststelltaste fristet deshalb trotz beachtlicher Größe auf den Tastaturen der meisten Menschen ein Schattendasein. Deshalb und weil ihre Konzeption in den heutigen Tastatur-Layouts mit Blick auf Sonderzeichen ohnehin inkonsequent ist, liegt es nahe, ihr eine andere, nützlichere Funktion zu verleihen. Anders als bei den mechanischen Schreibmaschinen des vorigen Jahrhunderts ist dies unter aktuellen Betriebssystemen nämlich ohne weiteres möglich. Hier soll es darum gehen, die Feststelltaste umzuwandeln in eine neue Modifkator-Taste, die ähnlich wie die Strg- und die Umschalttaste (Shift) zusammen mit anderen Tasten gedrückt werden kann, um der Tastatur eine weitere Ebene hinzuzufügen. Dies kann man sich etwa in GNU Emacs zunutze machen, um eigene Befehle zu definieren, die kaum je in Konflikt mit den Tastenkombinationen gewisser Major-Modes stehen. Die hier vorgestellte Methode funktioniert aber auch mit allen anderen tastaturgesteuerten Programmen. Emacs dient insoweit nur als illustratives Beispiel, wenngleich es vielleicht sogar den Hauptanwendungsfall bilden mag.

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